Betrifft: Geschichte

Vor Gericht. Oder: Von Vögten und Schultheißen und von der "peinlichen Gerichtsordnung" Karl V. Mit: Ulrike Aichhorn, Inst. für Rechtswissenschaften, Universität Salzburg oder Martin Scheutz, Inst. f. Geschichte, Universität Wien. Gestaltung: Martin Adel

Die Vögte, im Prinzip und seit der Karolingerzeit der weltliche Arm kirchlicher Grundherren und seit dem 13. Jh. als Landvögte auch von weltlichen Landesherren, waren als adelige Beamte nicht bloß für die Organisation von "Schutz und Schirm", also von kriegerischen Handlungen, zuständig. Sie hatten auch den Vorsitz in den Landgerichten. Daher auch die Bezeichnung, nämlich vom römischen, beamteten "advocatus", dem es auch oblag, das herrschaftliche Vertretungsrecht auszuüben. Auch vor Gericht. So wurde "Vogtei" für lange Zeit auch zur Bezeichnung der keineswegs einheitlichen Gerichtsherrschaft ganz allgemein. Ähnlich und doch anders die Aufgaben des Schultheiß. Im Grunde ist er derjenige, der im Auftrag seiner Herrschaft "Schulden heischt", also Schulden eintreibt. Nur eben nicht nur finanzielle Schulden. Auch ganz generell gesellschaftliche Verpflichtungen fielen darunter - bis hin zu moralischen Normverstößen. Als Richter der sogenannten "niederen Gerichtsbarkeit" waren sie auch nicht notwendigerweise von gehobenem Stand. Und allein die Häufigkeit des von dieser Berufsbezeichnung abgeleiteten Familiennamens "Schulze" belegt, wie zahlreich sie waren. Trotzdem, in ihrer Bedeutung für die Rechtsprechung sind sie nicht zu unterschätzen. Das belegt allein schon ihre literarische Erwähnung und Rolle vom "Sachsenspiegel" (um 1230) bis zu Kleists Dorfschulzen Adam (in "Der zerbrochene Krug").

Aber wie gesagt: Über lange Jahrhunderte (und in wesentlichen Teilen natürlich auch heute noch!) war das Rechtssystem weder einheitlich noch dauerhaft in Fragen weltlicher und kirchlicher Gerichtszuständigkeit klar getrennt. Auch Rechtsprechung wird von den Machtverhältnissen diktiert. Und so verwundert es nicht, dass ausgerechnet Karl V., in dessen Reich bekanntlich die Sonne nie unterging, 1532 eine allgemeine Straf-Gerichtsordnung erließ, mit der sprechenden Bezeichnung "Peinliche Gerichtsordnung". Was aber natürlich auch danach nie bedeutet hat, das für alle gleiches Recht gegolten hätte.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Betrifft: Geschichte - XML
Betrifft: Geschichte - iTunes

Sendereihe