Leporello

Anblicke und Einsichten; Rotraud Schöberl über die "Romantherapie"

"Jetzt zu Weihnachten geht es ja ein bisschen unter, aber die Buchhändlerin ist fast so etwas wie der Hausarzt: Ich kann auf Stimmungen eingehen, ich kann darauf eingehen, was ich dem anderen sagen will - und ich kann helfen."
Sind Sie untröstlich, weil Sie soeben verlassen wurden? Hat unstillbares Fernweh Sie erfasst - oder fühlen Sie sich akut Burnout-gefährdet? Bevor Sie sich ihrem Schmerz ergeben, ziellos das Weite suchen oder - noch schlimmer - an den falschen Therapeuten geraten: Gehen sie in die nächste Buchhandlung und lassen Sie sich beraten.
Rotraud Schöberl, Patronin von Leporellos Namensvetterin, der Wiener Buchhandlung "Leporello", bietet zurzeit eine vielversprechende neue Therapieform an: die Romantherapie.
"Romantherapie" - so heißt ein eben erschienener Band, in dem literarische Werke unter einem sehr speziellen Blickwinkel betrachtet wird: nämlich unter dem, welche Krankheiten und Kümmernisse bestimmte Bücher lindern können. Lesen statt Leiden lautet die Devise, und die Liste der Leiden ist lang: Von A wie "Abschiedsschmerz" bis Z wie "Zahnweh" reicht die Liste der Symptome in dem von drei kundigen Frauen - Ella Berthoud, Susan Elderken und Traudl Bünger - verfassten Medizinbuch. Bünger ist eine deutsche Autorin und Literaturkritikerin; Berthoud und Elderken betreiben in London tatsächlich eine Praxis als sogenannte "Bibliotherapeutinnen".

Bei Abschiedsschmerz empfehlen die Autorinnen Friederike Mayröckers Buch "Die Abschiede", in dem von Hunderten großen und kleinen Abschieden die Rede ist. Von Pessimismus Gebeutelte sollen, so der gute Rat, zu Daniel Defoes Robinson Crusoe greifen; "Angst, existentiell" wie es im Inhaltsverzeichnis steht, kommt man am besten mit Hermann Hesses "Siddharta" bei; Fernweh behandle man mit Till Ramstedts "Der Kaiser von China"; Zahnweh mit Tolstoj; Bei Hoffnungslosigkeit hilft Hans Falladas "Jeder stirbt für sich allein". Aber sogar dem Tod, jedenfalls der "Angst vor ihm", kann man etwas entgegenhalten: nämlich Kathrin Schmidts Werk "Du stirbst nicht".
253 Bücher sind in der "Romantherapie" aufgelistet. Es gibt kein Hochgefühl, keine depressive Stimmung, keine existenzielle Not und kein chronisches Gebrechen, das nicht bereits in der Literatur behandelt wurde, betonen die Autorinnen.- Gestaltung: Christa Eder

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"Die Romantherapie" ist im Insel Verlag erschienen

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