Radiokolleg - Der Erste Weltkrieg als Epochenbruch

Die Geburtsstunde des 20. Jahrhunderts (1).
Gestaltung: Gerhard Pretting

Der britische Historiker Eric Hobsbawm bezeichnete das 20. Jahrhundert als ein "kurzes Jahrhundert". Als eines, das 1991 - mit dem Untergang des Sowjetunion - endete und 1914 mit dem Ersten Weltkrieg begann. Dieser Weltkrieg veränderte alles: Politik, Wirtschaft, Kunst, Alltagsleben und auch die Kriegsführung selbst. Und deshalb wird der Erste Weltkrieg nicht nur als Beginn des 20. Jahrhunderts bezeichnet, sondern auch als Epochenbruch.

Der Erste Weltkrieg gilt als "Urkatastrophe" unserer Zeit. Schon vorher hatte die Technik das Leben der Menschen verändert. Der Krieg aber war ein Katalysator, der die neue Zeit einleitete. Durch das ungeheure Leid, durch die ermüdenden und zermürbenden Schlachten im Westen verloren die Menschen das Vertrauen in das alte politische System. Der Erste Weltkrieg läutete den Untergang der mitteleuropäischen Monarchien ebenso ein, wie den Aufstieg des Kommunismus und Faschismus in Europa.

Der Erste Weltkrieg war der erste industriell geführte Massenvernichtungskrieg. Materialschlachten ungeahnten Ausmaßes waren die Folge, wahre "Blutmühlen", etwa vor Verdun und an der Somme. Dazu kam, dass mit dem Einsatz von Giftgas der Krieg eine neue Dimension annahm.

Wirtschaftlich betrachtet war der Erste Weltkrieg ein Experiment in Sachen Planung. Vor allem an der Kriegswirtschaft in Deutschland lässt sich genau studieren, wie der Staat seine Wirtschafts- und Industriepolitik umstellte. Der Manager und Intellektuelle Walther Rathenau baute im Kriegsministerium die KRA auf - die Kriegsrohstoffabteilung. Unter dem Zwang, schnell auf die internationale Blockade zu reagieren, entstand eine Mischform aus Selbst- und Staatsverwaltung, aus Plan- und Marktwirtschaft, die nach dem Krieg den Kommunisten als Vorbild für ihre Planwirtschaft dienen sollte.

Nach dem Krieg gab es zwei Ansätze, dem wirtschaftlichen Elend zu entkommen. Vor allem Großbritannien hatte großes Interesse daran, die alte wirtschaftliche Ordnung wiederherzustellen. Und koppelte deshalb das Englische Pfund an den Goldstandard. Das hatte eine harte Währung zur Folge. Aber auch massive soziale Unruhen. In Deutschland und Österreich hingegen ging man einen anderen Weg. Man ließ die Währung inflationieren. Was die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten nach sich zog.

Service

Chevallier, Gabriel, Heldenangst, Dt. von Stefan Glock, Nagel & Kimche, München 2010
Dada Berlin, Texte, Manifeste, Aktionen, Reclam Verlag, Stuttgart 1977
Gilbert, Martin, Geschichte des 20. Jahrhunderts, Dt. von Udo Rennert, List Verlag, München 1997
Illies, Florian, 1913 - Der Sommer des Jahrhunderts, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012
Jünger, Ernst, Kriegstagebuch 1914 - 1918, Verlag Klett Cotta, Stuttgart 2010
Keegan, John, Der Erste Weltkrieg - Eine europäische Tragödie, Dt. von Karl und Heidi Nicolai, Kindler Verlag, Reinbek bei Hamburg 2000
Mommsen, Wolfgang J. (Hg.), Kultur und Krieg - Die Rolle der Intellektuellen, Künstler und Schriftsteller im Ersten Weltkrieg, R. Oldenburg Verlag, München 1996
Remarque, Erich Maria, Im Westen nichts Neues, Kiepenheuer + Witsch, Köln 1959
Remarque, Erich Maria, Der Weg zurück, Kiepenheuer + Witsch, Köln 1959
Remarque, Erich Maria, Drei Kameraden, Kiepenheuer + Witsch, Köln 1964
Segesser, Daniel Marc, Der Erste Weltkrieg in globaler Perspektive, Marixverlag, Wiesbaden 2010
SPIEGEL Special Nr.1 / 2004, Die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, Hamburg 2004
Veigl, Hans und Derman, Sabine, Die wilden 20er Jahre - Alltagskulturen zwischen zwei Kriegen, Ueberreuter, Wien 1999

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