Betrifft: Geschichte

"Vor 80 Jahren". Blutiger Februar. Das vorzeitige Ende der 1. Republik. Mit Emmerich Tálos, emer. Univ. Prof. für Politik- und Staatswissenschaften an der Universität Wien. Gestaltung: Martin Adel

Die Vorgeschichte des "Österreichischen Bürgerkriegs" vom Februar 1934 reicht zumindest bis zur Gründung der 1. Republik zurück; auf den Tag genau 16 Jahre und drei Monate: wenig Zeit für das, was sich dazwischen ereignete und maßgeblich dazu beitrug, dass es zu den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Christlichsozialen und Sozialdemokraten kam - mit weitreichenden Folgen. Dazwischen lagen, angefangen vom Vertrag von St. Germain (der die Habsburger Monarchie in einen "Rumpfstaat" verwandelte, "den keiner wollte"), eine Währungskrise (mit "galoppierender" Inflation), der Justizpalastbrand von 1927, die Weltwirtschaftskrise (die etwa 30% der Erwerbsbevölkerung arbeitslos machte) und schließlich die "Selbstausschaltung", die Auflösung des Parlaments, auf dem Weg in den autoritären Ständestaat nach faschistischem Vorbild im März 1933.

Damit gingen sehr schnell die schrittweise Entmachtung und das Verbot politischer Parteien und Vorfeldorganisationen einher. Besonders davon betroffen: die mächtige Opposition der Sozialdemokraten. Die politische und schließlich militärische Konfrontation hatte sich längst in den paramilitärischen Verbänden der beiden großen Lager abgezeichnet: die rechtskonservativen Heimwehren verstanden sich als Schutzverbände gegen behaupteten Linksextremismus und nicht als Wächter der Demokratie. Der linke Schutzbund sah sich hingegen als Wächter der Republik.

Am 12. Februar 1934 löste die von Dollfuß befohlene Entwaffnung des Schutzbunds in Linz den Funken aus, der schnell auf andere Hochburgen der Arbeiterpartei übersprang. Es dauerte nur zwei Tage. Aber man zählte rund 1.600 Tote und Verwundete (auch in der Zivilbevölkerung), als am 14. Februar die letzten Aufständischen in Wien Floridsdorf den Widerstand aufgaben. Standrechtliche Hinrichtungen, Internierungen und Flucht ins Ausland waren nicht die einzigen Folgen: Vier Jahre vor dem sogenannten "Anschluss" war Österreich bereits zu einer Diktatur geworden, auch wenn das Land noch "Republik" hieß. Eine gefährliche Hypothek für die Zukunft.

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