Gedanken für den Tag

3. Juni 2014, 06:56

Wenn ich über mich selbst als Vater nachdenke, dann denke ich auch über meinen eigenen Vater nach. Wie mein Vater war - wenn man so sagt: Das war er - weiß ich nicht genau, weil ich großteils ohne ihn aufgewachsen bin. Aber sein Leben war auf jeden Fall ein Spiegelkabinett. So hatte nämlich sein eigener Vater einen zweiten Sohn, den er anders als meinen Vater auch als seinen Sohn anerkannte. Der hieß wie mein Vater, Erwin, war so alt wie er und wohnte vis a vis der Wohnung meiner Großmutter. Vom Balkon meiner Großmutter konnte der kleine Erwin also seinem Vater mit dem anderen kleinen Erwin beim Spielen zusehen.

Er selbst ist - wie später ich dann auch - ohne seinen leiblichen Vater aufgewachsen. Hatte aber einen Stiefsohn mit seiner zweiten Frau, der so alt ist wie ich und auch Andreas heißt.

Aus Geschichten und Erzählungen (natürlich auch einigen Erlebnissen mit ihm) setzt sich ein Bild in mir zusammen, wer er ist, was er mag, wofür er steht. Ein Bild, dem ich unbewusst ziemlich lange nachgelaufen bin, bis zur ersten und auch bis jetzt einzigen Selbstreflektion Mitte Dreißig. Mittlerweile ist mir bewusst, manchmal auch schmerzlich, dass ich ein Glied in einer Kette bin, die Vergangenes fortführt und durch sich bearbeitet weitergibt. Ich bin meinem Vater in meinem Verhalten ähnlich. Und je älter ich werde, desto ähnlicher sehe ich ihm auch. Vielleicht formt der Inhalt ein bisschen das Gefäß. Der Punkt ist aber, dass ich meinen eigenen Kindern so wenig wie möglich weitergeben möchte an Dingen, die sie zu bewältigen haben, weil sie in meinem Leben übrig geblieben sind.

Und trotzdem, sie werden viele Dinge so machen, wie sie es bei mir gesehen haben. Mein Krisenbewältigungsmanagement wird auch das meines Sohnes sein.

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