Nachtquartier

26. August 2014, 00:08

Marcus Eder gehört zu den Couchsurfern der ersten Stunde. Seit zehn Jahren beherbergt er in seiner Wiener Wohnung Menschen aus der ganzen Welt zum Nulltarif. Wie viele werden es gewesen sein? "Um die 150." Den Großteil seiner Reisen hat auch er in den Wohnungen von Privatpersonen verbracht, "wahrscheinlich auch um die 150" - in Australien, Neuseeland, Canada, USA, Costa Rica, Südafrika, Bangladesch, Deutschland, Schweiz, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Irland, Dubai, London, Prag, Budapest, Krakau, Ljubljana, Bukarest... Couchsurfing bedeutet weit mehr, als gratis einen Schlafplatz auf einer Couch anzubieten und angeboten zu bekommen - oft ist es übrigens keine Couch, erklärt Marcus Eder, sondern ein Bett oder auch ein Gästezimmer. Die Ursprungsidee war es, eine Community, ein Netzwerk an GastgeberInnen zu bilden, die gemeinnützig agieren, die eine Art des Reisens ermöglichen, in der man mitten im echten Leben, das eine Kultur ausmacht, landet, bei der man mit den Menschen in Kontakt kommt. Neben couchsurfing.org zählen The Hospitality Club und BeWelcome zu den weltweit größten Online-Gastgeberdiensten. "Servas" ist eines der ältesten Netzwerke, das nicht online, sondern nach wie vor per Buch geführt wird. 1949 wurde es gegründet, um den Weltfrieden, gegenseitige Unterstützung und Anerkennung sowie Verständnis füreinander zu fördern. Auf solchen Reisen können sich Freundschaften bilden, kann man einen Ort von einer ganz anderen Seite kennenlernen, als auf den üblichen Touristenpfaden. Marcus Eder erinnert sich an seine Reise nach Bangladesch. Er wohnte dort bei einem ehemaligen UN Offizier, der ihm das Land zeigte. Davor hatte dieser schon einmal bei ihm in Wien gewohnt.

2003 gründete der Amerikaner Casey Fenton CouchSurfing International, die Gemeinschaft zählt mittlerweile über fünf Millionen Mitglieder. 2011 wurde das Unternehmen verkauft kommerzialisiert, was innerhalb der Community viel Kritik auslöste. "Früher war die Website ein Tool für die Community, das von vielen Menschen in ihrer Freizeit auf die Beine gestellt wurde, es war basisdemokratisch organisiert", erklärt Marcus Eder. "Dann wurde couchsurfing.org verkauft, ein paar wenige haben daran verdient, jetzt ist man User einer Webseite." Dennoch ist und bleibt Couchsurfen seine liebste Art zu reisen.

Marcus Eder hat am Technikum Wien Elektronik studiert, und arbeitet als R&D Ingenieur (research and development/ Forschung & Entwicklung) für die Firma Otto Bock HealthCare, die Prothesen und Orthesen entwickelt und fertigt. Im Nachtquartier spricht er mit Kristin Gruber und Anrufer_innen über die Erlebnisse als Couchsurfer, über Gastfreundschaft und die Lust, mit Menschen in Kontakt zu treten, die größer ist, als die Sorge darüber, sich nicht zu verstehen oder sich in einer fremden Wohnung unwohl zu fühlen.

Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie uns per Mail an nachtquartier@orf.at.

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