Da capo: Im Gespräch

"Wer sich beim Schreiben nicht der Tradition ausliefert, liefert sich dem Affentheater des Zeitgeschmacks aus." Günter Kaindlstorfer spricht mit der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff

Als Sibylle Lewitscharoff, schwäbische Schriftstellerin mit deutsch-bulgarischen Wurzeln, 1998 bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann, war klar: Ein neuer Star war geboren. Lewitscharoff las damals aus der Erzählung "Pong": es ist die Geschichte eines Verrückten, der die Welt verändern will und natürlich nicht kann. Die Perspektive der Erzählung jedoch wird von Pongs absurder Logik bestimmt. Lewitscharoff schlug hier einen frechen, avantgardistischen Ton an, den man so in der neueren deutschen Literatur noch selten vernommen hatte.

Lewitscharoff, 1954 in Stuttgart geboren, studierte Religionswissenschaften und war bis zum Jahr 2001 im Brotberuf als Buchhalterin in der Berliner Werbeagentur ihres Bruders tätig.

1994 hatte sie mit dem Prosaband "36 Gerechte" debütiert.

1998 folgte eben PONG und die erste Auszeichnung, der zahlreiche weitere folgen sollten.

2003 erschien ihr Roman "Montgomery", der die Lebensgeschichte eines schwäbisch-italienischen Filmproduzenten Namens Montgomery Cassini-Stahl erzählt und in der der Tod des Protagonisten der Ausgangspunkt einer Lebensbetrachtung wird.

Auch in ihrem Roman "Consumatus" aus dem Jahr 2006 widmet sich die Hauptfigur, in einem einsamen Zimmer sitzend, der eingehenden Lebensreflexion.

Autobiografisch und satirisch wird es 2009 in ihrem Roman "Apostoloff", in dem zwei Schwestern die sterblichen Überreste ihres Vaters in dessen bulgarisches Heimatland verbringen.

2011 folgt dann "Blumenberg", ein Roman über einen Löwen und einen Philosophen, inspiriert durch den Nachlass des deutschen Philosophen Hans Blumenberg.

Höhepunkt der Lewitscharoffschen Karriere bisher war die Verleihung des Georg-Büchner-Preises im Jahr 2013.

Wenig später, im März 2014, sorgt Sibylle Lewitscharoff mit einer umstrittenen Rede im Staatsschauspiel Dresden für einen Eklat: Die Schriftstellerin äußert sich kritisch über künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft. Kinder, die durch Samenspenden und Einpflanzung entstehen, bezeichnet Lewitscharoff als "Halbwesen" und "zweifelhafte Geschöpfe". Seither ist die Autorin immer wieder vehementen Anfeindungen ausgesetzt - bei aller Bewunderung für ihre literarische Arbeit.

Günter Kaindlstorfer hat Sibylle Lewitscharoff zum nun folgenden Gespräch in Berlin besucht, wo sie mit ihrem Mann, dem Maler Friedrich Meckseper, lebt.

Service

Sibylle Lewitscharoff, "Killmousky", Kriminalroman, Suhrkamp Verlag, 2014

Sibylle Lewitscharoff und Friedrich Meckseperhatte, "Pong redivivus", Roman, Fortsetzung des ersten Romans "Pong", Inselverlag, 2013

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