Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Medizin im Wandel - Herausforderung kulturelle Vielfalt

Die soziokulturelle Vielfalt der Migrantinnen und Migranten ist aufgrund der gestiegenen Mobilität heute so groß wie nie zuvor. Diese Tatsache stellt auch die Gesundheitsversorgung vor große Herausforderungen.
Eines der größten Hindernisse im Gesundheitssystem ist die sprachliche Barriere: Die Konsequenzen daraus sind Missverständnisse, das Gefühl der erkrankten Personen, nicht respektiert zu werden, Therapieabbrüche und häufiger Arztwechsel. Manche erkrankte Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen nehmen ihre Kinder oder andere Verwandte zur Ärztin bzw. zum Arzt mit, um sich verständlich machen zu können. Beim Besuch einer gynäkologischen Ordination geht das zum Teil soweit, dass die dolmetschenden Verwandten während der Untersuchung hinter einem Vorhang stehen und übersetzen. Manche Frauen sind in ihrer Freiheit eingeschränkt. In diesen Familien entscheiden die Ehemänner, ob die Frauen Untersuchungen und Behandlungen in Anspruch nehmen dürfen. Dazu kommen kulturelle Unterschiede im Umgang mit speziellen Situationen wie beispielsweise Schmerzen, psychische Erkrankungen, Sterben und Tod.
Diese Umstände erfordern entsprechend geschultes Gesundheitspersonal, Angebote in unterschiedlichen Sprachen und nicht zuletzt Neugier auf das Fremde und das Aufeinander-Zugehen von Menschen.
Die Medizinanthropologin Dr.in Christine Binder-Fritz und Dr.in Türkan Akkaya-Kalayci, Jugendpsychiaterin an der Transkulturellen Ambulanz am Wiener AKH, haben den Universitätslehrgang "Transkulturelle Medizin und Diversity Care" an der Medizinischen Universität Wien ins Leben gerufen, der zum ersten Mal im Oktober 2014 startet. Dieser richtet sich an im Gesundheitswesen tätige Personen und vermittelt berufsbegleitend über zweieinhalb Jahre ein umfangreiches praxisorientiertes Fachwissen in transkultureller Medizin.
Von 11.-13. September findet in Wien auch der 8. Kongress der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im deutschsprachigen Raum (DTPPP) statt. Thema ist die "Psychotherapie und Psychopharmakologie im Spannungsfeld der Kultur(en)".
Dieses Mal diskutiert Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos mit ihren Gästen über die Herausforderung, Migrantinnen und Migranten möglichst gut medizinisch betreuen zu können.

Eine Sendung von Dr.in Michaela Steiner.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Univ.-Lektorin Dr.in Christine Binder-Fritz
Medizinanthropologin
Institut für Sozialmedizin, Zentrum für Public Health
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
A-1090 Wien
Tel.: +43/1/40160/34881
E-Mail
Institut für Sozialmedizin

OÄ Dr.in Elisabeth Küffer
FÄ für Gynäkologie, Gestalttherapeutin
Fachambulanz Gynäkologie
Gesundheitszentrum Wien-Nord der WGKK
Karl-Aschenbrenner-Gasse 3
A-1210 Wien
Tel.: +43/1/601 22/40257
E-Mail
Gesundheitszentrum Wien-Nord

Mag.a Manuela Marina-Mitrovic
Klinische und Gesundheitspsychologin
FEM Süd Frauengesundheitszentrum (im Kaiser-Franz-Josef-Spital)
Kundratstr. 3
A-1100 Wien
Tel.: +43/1/60 191/5204
FEM Süd

Kongress "Transkulturelle Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im deutschsprachigen Raum (DTPPP)"
Universitätslehrgang "Transkulturelle Medizin und Diversity Care"
Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen
AMBER-MED - kostenlose, ambulante medizinische Versorgung und soziale Beratung für Migranten und Migrantinnen ohne Versicherungsschutz
Zentrum für Frauengesundheit (Caritas)
Wiener Programm für Frauengesundheit
Österreichischer Integrationsfonds
Sozial Global
Peregrina - Beratungs-, Therapie- und Bildungszentrum für Immigrantinnen
Migrantinnen: Deutliche höheres Krankheitsrisiko

Matthias David, Theda Borde, Heribert Kentenich, "Migration, Frauen, Gesundheit: Perspektiven im europäischen Kontext", Mabuse Verlag 2011

Theda Borde (Hrsg.), Matthias David (Hrsg.), "Migration und psychische Gesundheit. Belastungen und Potentiale", Mabuse Verlag 2007

Sendereihe