Gedanken für den Tag

13. Mai 2015, 06:56

Schlafen gehen

Mit Kind werden auch die überzeugtesten Abendmenschen gezwungenermaßen zu Frühaufstehern. Wobei die gängige These, wonach Frühaufsteher-Kinder wenigstens abends bald im Bett sind, bei uns zu Hause nicht hält. Im Gegenteil. Für das Kind ist die allabendliche Bettruhe eine der gemeinsten Schikanen, die sich die Erwachsenen ausgedacht haben. Täglich versucht es aufs Neue, das Zu-Bett-Gehen hinauszuzögern. Etwa mit der Flucht vor dem Zähneputzen. Oder der Diskussion darüber, warum man überhaupt schlafen muss.

Das erfolgreichste Verzögerungsmanöver lautet aber: "Ich stelle spätabends eine kluge Frage". Weil es weiß: Wenn du deine Mutter, egal wie spät es sein mag, fragst, wieso manche Menschen im Rollstuhl sitzen, holt sie zu einem kleinen Vortrag aus. Und du kannst länger aufbleiben. Eine Zeitlang hat das Kind abends Gott sehr beschäftigt. Während es problemlos glaubt, dass so ein kleiner Osterhase für alle Kinder der Welt an einem einzigen Vormittag Osternester verstecken kann, ist die Vorstellung, dass oben im Himmel ein Mann namens Gott sitzt, für das Kind kaum zu fassen.

"Aber wie ist die Welt geworden? Wie hat Gott das gemacht?", fragt das Kind. "Und wie sieht er aus?" "Das weiß man nicht genau". "Wo wohnt der?" "Im Himmel". "Im Himmel?", fragt das Kind. "Du hast doch gesagt, auf Wolken kann man gar nicht sitzen. Sitzt der Koloss von Rhodos auch auf einer Wolke?" "Der eher nicht, stammle ich, der war ja nur aus Stein". Darüber muss das Kind viel nachdenken und als es endlich schläft, bist du als Mutter froh, dass es abseits von Weihnachten noch keine Ahnung von den christlichen Feiertagen hat. Und keine Fragen dazu stellen kann, warum und wie Christus eigentlich in den Himmel gefahren ist.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

• Gedanken für den Tag