Hörbilder Spezial

"Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen." Hommage zum 85. Geburtstag des Wiener Theologen, Philosophen und Autors Adolf Holl. Feature von Eva Schobel

Als der frischgebackene Priester Adolf Holl im Jahr 1954 seine erste Messe las, war das der glücklichste Moment seines Lebens. Mehr als zwei Jahrzehnte später wurde er durch den Wiener Erzbischof Kardinal König vom Priesteramt suspendiert.
Auslöser war das kontroversiell diskutierte Buch "Jesus in schlechter Gesellschaft", in dem Jesus als Außenseiter dargestellt wird, als Freund der Armen und Missachteten. Als Mensch und keineswegs als Gottes Sohn. Als Mann, der mit Sicherheit keine institutionelle Religionsgemeinschaft gründen wollte und der gar nichts mit den von Kirche hochgehaltenen familiären Werten am Hut hatte. Thesen, die damals von vielen Theologen geteilt wurden. Aber durfte man das öffentlich sagen? Holl fühlte sich der Wahrheit verpflichtet. "Lüg nicht, Bubi", hatte ihn seine geliebte Ziehgroßmutter gelehrt, das war das wichtigste Gebot. Also log er nicht, als der Kardinal von ihm wissen wollte, ob er an Gott, die Auferstehung von den Toten und die Gottessohnschaft von Jesus glaube, und äußerte seine Zweifel. Fortan musste er als Priester ohne Amt und Würden weiterleben. Er lehrte an der philosophischen statt an der theologischen Fakultät, schrieb unzählige Bücher und wurde einer der beliebtesten Moderatoren der legendären Diskussionssendung "Club 2". Dass er keine Messe mehr lesen darf, schmerzt ihn aber bis heute.
Redaktion: Elisabeth Stratka
Technik: Robert Pavlecka

Sendereihe

Gestaltung

  • Eva Schobel