Gedanken für den Tag

von Cornelius Hell, Literaturkritiker und Übersetzer. "Arbeit an der Zukunft" - Zum 10. Todestag des Schriftstellers Carl Amery. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Arbeit an der Zukunft" - so heißt das letzte Buch von Carl Amery. Er konnte diesen Essayband nicht mehr selbst veröffentlichen, er wurde 2007, zwei Jahre nach seinem Tod, herausgegeben. Die vielen Reden, die er enthält, zeigen, bei wie vielen Themen und Anlässen sich Carl Amery im Laufe der Jahre eingemischt hat und wie konkret seine Anliegen waren.

Schon 1967 meinte Heinrich Böll: "Was ich finde: Amery ist als Autor zu schade für den Katholizismus. Er sollte wieder Romane schreiben." Mir war das aus dem Herzen gesprochen, weil mir Literatur und Kunst wichtiger sind als Politik und Zeitkritik. Carl Amery sah das anders - für ihn waren weder seine Streitschriften über das katholische Milieu noch seine Essays gegen den Totalen Markt und die Zerstörung der Lebensgrundlagen Nebenprodukte seiner literarischen Arbeit. Er war sich dafür keineswegs zu schade, im Gegenteil, in einem Gespräch sagte er mir, das sei ihm wichtiger geworden als die Literatur.

Das macht mich bis heute nachdenklich. Wie blind kann man werden, wenn man sich nur mit Literatur beschäftigt? Kann das nicht auch die eleganteste Weise eines Rückzugs sein - eine Möglichkeit, vor den Gefährdungen der Natur und der Gesellschaft die Augen zu schließen? Bei diesen Fragen erinnere ich mich immer an Carl Amery und wie er bei einer Kundgebung in München eine Brandrede gegen die Privatisierung der Wasserversorgung hielt. Er hatte ein scharfes Auge auf die Privatisierungen und die Ökonomisierung aller Lebensbereiche, die in den zehn Jahren seit seinem Tod noch massiv vorangetrieben wurde.

Konsequent verteidigte Carl Amery die Grundrechte des Menschen und mobilisierte dafür die spirituellen Traditionen des Christentums - von der Urkirche bis zu den lateinamerikanischen Basisgemeinden und der Theologie der Befreiung, mit der er sympathisierte. Und keine Initiative war ihm zu regional oder zu klein, um sie zu unterstützen. Er liebte das Kleine und das Regionale geradezu - doch ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren.

Service

Buch, Carl Amery, "Arbeit an der Zukunft", Sammlung Luchterhand
Buch, Carl Amery, "Global Exit. Die Kirchen und der Totale Markt", btb-Taschenbuch
Buch, Carl Amery, "Hitler als Vorläufer", Sammlung Luchterhand
Buch, Carl Amery, "Die Wallfahrer", Sammlung Luchterhand
Buch, Carl Amery, "Das Geheimnis der Krypta", Sammlung Luchterhand

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Ralph Vaughan Williams/1872 - 1958
Album: BASSOON BON BONS / Bekannte Stücke - arrangiert für Fagott
* Nr.3 Van Dieman's Land - Larghetto (00:01:31)
Titel: Six Studies in English Folk Song für Fagott und Klavier / Auswahl
Solist/Solistin: Daniel Smith /Fagott
Solist/Solistin: Roger Vignoles /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: ASV CD WHL 2052

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