Gedanken für den Tag

19. Juni 2015, 06:56

Prinzessin Zebunisá Makhfi war eine persische Dichterin aus dem 17. Jahrhundert. Sie war die älteste Tochter des Mogul-Kaisers Aurangzeb, soll eine große Mäzenin und Buchliebhaberin gewesen sein und eine große Bibliothek besessen haben. Über sie wird berichtet, dass sie bereits mit drei Jahren den Koran auswendig konnte und mit sieben Jahren bereits offiziell als Hafiz galt - so bezeichnet man im Arabischen eine muslimische Person, die den gesamten Koran auswendig gelernt hat und oft auch zu bestimmten Gelegenheiten Abschnitte daraus rezitiert. Prinzessin Zebunisa Makhfi war auch lange Zeit politische Beraterin ihres Vaters, der sie allerdings aufgrund eines Zerwürfnisses die letzten zwanzig Jahre ihres Lebens in der Salimgarh Festung in Delhi einsperren ließ. Dort hat sie weiterhin, bis zu ihrem Tod im Jahr 1702, Gedichte wie dieses geschrieben:

Kommt die Liebe, so beraubt sie den Tapfersten der Sinne;
Als geschickte Diebin löscht sie das Licht des Hauses aus.
Was ich mir selber angetan, das hat kein Blinder je vermocht:
Inmitten des Hauses ist der Hausherr mir verloren gegangen.
Die Nachtigall verlässt den Rosenhain, wird sie meiner ansichtig.
Der Brahmin wird zum Götzenanbeter, sobald er mich gewahrt.
O Herz! Huldige der Liebe du, denn die Kaaba ist verborgen;
Diese hat Abraham erbaut, jene hat Gott selbst gemacht.
Gebrochenen Herzens, wie kann die Lippen zum Lachen ich öffnen?
Ich gleiche einer lautlosen Glocke und kann nicht ertönen.
Verborgen bin ich im Worte, wie der Duft im Rosenblatte.
Wer nach mir sich sehnt, sehe im Worte mich;
Und dermaßen will von der Bekanntschaft der Welt ich fliehen,
Dass ich mein Aug' nur vor dem Antlitz des Spiegels öffne.

Service

Buch, "Aus dem Geistesleben persischer Frauen", Aufsatz in "Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. Band 45", 1891; übersetzt von Armin Vambery

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