Zeit-Ton

In Kanons gebannte Dreiklänge. Zum 80. Geburtstag von Arvo Pärt. Gestaltung: Lothar Knessl

Eine Zeit lang wurde ihm anbetrachts seiner nach 1976 geschriebenen Stücke mangelnde Gegenwartsnähe vorgeworfen; was er hingegen zehn Jahre davor und noch früher nahe zu Schostakowitsch oder Bartók, nachfolgend orientiert an zwölftönigen und seriellen Verfahren komponiert hatte, wurde ihm in der stalinistischen Sowjetunion zum Verhängnis; er emigrierte samt Familie nach Wien, erhielt die österreichische Staatsbürgerschaft, wechselte (wohlweislich) alsbald nach Berlin, noch heute sein Hauptwohnsitz, neuerdings unterbrochen von längeren Aufenthalten in seiner estnische Heimat; heute ist er international hoch geschätzter, geehrter Komponist mit häufig aufgeführten Werken: Arvo Pärt, 80-jährig (Geburtstag 11. September). Seine Schaffenspause zwischen 1968 und 1976 lenkte ihn in die Arme der russisch-orthodoxe Kirche, führte ihn zur frühen Renaissance-Musik und bescherte ihm den "Tintinnabuli"-Stil (Glöckchen-Spiel). Für ihn die Wiederentdeckung des puren Dreiklanges, der das jeweilige Stück definiert. Reduktion auf das Wesentliche, Minimalismus der ganz persönlichen, meditativen Art, spirituell geprägt ohne nebuloses Gewaber. Die Töne eines reinen Dreiklanges wirken glockenähnlich, sagt Pärt, und es reiche schon, die einzelnen Töne schön zu spielen. Ein Dur- oder moll-Akkord formt das Klanggebilde des jeweiligen Stückes. Hinzu tritt die tonartlich meist unabhängige Melodie. Das Ganze verdichtet sich zu komplexen Kanon-Fügungen, losgelöst von expressiver Subjektivität. Kein Aufwärmen der funktionellen Harmonikgebote. Und offenbar auch keine Möglichkeit, Pärts Musik zu kopieren. - Nicht ganz nebenbei: Am 27. November wird einer seiner Kollegen ebenfalls achtzig: Helmut Lachenmann, kompositorisch und ästhetisch der Antipode par excellence. (Oder vielleicht doch nicht so ganz: in beider Musik regieren strenge Strukturen.) Und da sage noch einer, die Musik der Gegenwart sei nicht vielfältig. - Wir bleiben diesmal bei Arvo Pärt.

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Festina lente
Orchester: Orchester der Beethovenhalle Bonn
Leitung: Dennis Russel Davies
Länge: 05:24 min
Label: ECM 1430

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Miserere (Ausschnitt)
Orchester: The Hilliard Ensemble
Leitung: Paul Hillier
Länge: 06:40 min
Label: ECM 1430

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Perpetuum mobile
Orchester: Bamberger Symphoniker
Leitung: Neeme Järvi
Länge: 04:00 min
Label: BIS 343

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Pro et contra, Cellokonzert
* Allegro - 3. Satz
Orchester: Bamberger Symphoniker
Leitung: Neeme Järvi
Solist/Solistin: Frans Helmerson/Violoncello
Länge: 03:09 min
Label: BIS 434

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Wenn Bach Bienen gezüchtet hätte
Orchester: Philharmonia Orchestra
Leitung: Neeme Järvi
Länge: 07:28 min
Label: CHAN 9134

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Pari Intervallo
Ausführende: Wiener Glasharmonika Duo
Länge: 05:03 min
Label: Lotus Records 03622

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Arbos
Orchester: Brass-Ensemble des Staatsorchesters Stuttgart
Länge: 02:25 min
Label: ECM 1325

Komponist/Komponistin: Arvo Pärt
Titel: Für Alina (Ausschnitt)
Solist/Solistin: Alexander Malter/Klavier
Länge: 04:30 min
Label: ECM 1591

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