Gedanken für den Tag

von Julya Rabinowich, Schriftstellerin. "Ankommen. Weiterkommen". Gestaltung: Alexandra Mantler

Bezugspersonen und Bezugsorte

Geflüchtete Kinder und Jugendliche, die unbegleitet nach Österreich kommen, haben meist Krieg, Gewalt und Angst erlebt. Wer eine solche Reise hinter sich hat, ist erschöpft, verunsichert, vielleicht krank. Bevor jedes Integrieren möglich ist, ist zuerst einmal ein Auffangen dringend vonnöten. Und schon in diesem Auffangen wird das Problem der Sprachlosigkeit schlagend. Dieser zweite Sprachverlust entwurzelt neben der realen geografischen Entwurzelung ein zweites Mal. Die Jugendlichen und Kinder sind auf Dolmetschende angewiesen, denn sogar wenn sie die gleiche Sprache sprechen, bleibt dieser Kontakt untereinander das, was er ist: ein gemeinsames Abgeschnittensein von der Welt der Erwachsenen, die ja anstatt der Erziehungsberechtigten die Erziehung übernehmen sollten, um die Betroffenen von der auf ihnen lastenden und nicht altersgemäßen Selbstverantwortung zu befreien. Dies ist in Traiskirchen nicht gegeben, was für sich betrachtet eine Unerträglichkeit darstellt. Eine weitere Unerträglichkeit ist, dass von allen Bundesländern nur Wien sich bereit erklärt hat, die Minderjährigen in entsprechend betreute Einrichtungen zu überstellen, ungeachtet der Quote.

Es handelt sich nicht um Problemfälle, sondern einfach um Minderjährige, die ganz allein sind. Diese Kinder benötigen Raum, um zu heilen, bevor sie sich den neuen Herausforderungen konstruktiv stellen können. Heilung liegt nicht nur in der neuerworbenen Sicherheit, sondern auch im Kontakt mit Erwachsenen, die deutlich machen, dass sie nun zuständig sind, dass die Zeit der Überforderung, die Zeit der zusammengebissenen Zähne, die Zeit der Einsamkeit vorbei ist. In diesem September werden also 350 Kinder in Wien einzuschulen sein, die unbegleitete Flüchtlinge sind. Das ist machbar. Man muss nur an einem Strang ziehen.

Beeindruckend hat die Zivilgesellschaft ein Zeichen gesetzt, als in Wien die ersten Flüchtlinge aus Syrien eintrafen. Viele Menschen sind an die Bahnhöfe geeilt, um sie zu unterstützen und auch die ÖBB hat Koordination und Hilfsbereitschaft bewiesen. Ich denke, dass diese Art von Hilfsbereitschaft, dieses deutliche Zeichen einer zivilen Gesellschaft, benötigt, ersehnt und notwendig ist. Und das ist wunderbar, wenn das in Österreich derzeit stattfindet.

Service

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Wolfgang Amadeus Mozart/1756 - 1791
Titel: Serenade Nr.9 in D-Dur KV 320
* Rondeau : Allegro ma non troppo - 4.Satz (00:06:24)
Populartitel: Posthorn Serenade
Orchester: Staatskapelle Dresden
Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Solist/Solistin: Peter Damm /Posthorn (im 6.Satz)
Länge: 02:00 min
Label: Teldec 843063

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