Gedanken für den Tag

von Doris Schretzmayer, Schauspielerin. "Weckruf zum Lernen". Gestaltung: Alexandra Mantler

Ich habe im Sommer einen Pädagogik-Kongress moderiert, bei dem mit zahlreichen Experten und Teilnehmern die Anforderungen an unser Bildungssystem diskutiert worden sind und ein großartiger Austausch von Ideen stattfand. In der Vorbereitung dafür habe ich mir selbst die Frage gestellt, welche Qualitäten ein guter Pädagoge, eine gute Pädagogin haben sollte, um Kinder gut begleiten zu können.

Im Laufe des Kongresses wurde jedoch immer klarer: Es geht bei weitem nicht nur um diese eine Berufsgruppe. Der Lehrer oder die Lehrerin braucht dasselbe wie die Eltern und all die anderen Menschen, die mit einem Kind in Kontakt sind: Die Fähigkeit, einem anderen Menschen offen zu begegnen, in eine Subjekt-Subjekt Beziehung zu kommen und den anderen nicht wie ein Objekt zu behandeln, das auf eine bestimmte Weise zu funktionieren hat.

So beschreibt es der Hirnforscher Gerald Hüther, der einer der Vortragenden bei dem Kongress war. Er dehnt dieses Subjekt-Subjekt Begegnungsmodell auf jeden zwischenmenschlichen Kontakt aus - und da sind wir eben nicht mehr nur bei den Pädagogen oder Eltern sondern bei allen Menschen.

Er hat ein spannendes Beispiel gebracht: Wenn man im Alltag im Kontakt mit einem anderen Menschen ist, mit dem Partner, dem Chef, der Kellnerin im Restaurant, dem Kind, wenn man also in dieser Kommunikation das Gefühl hat, mehr ein Objekt als ein Individuum zu sein, solle und könne man dieses Gefühl ruhig artikulieren, in der Art: "So wie Sie mit mir sprechen, fühle ich mich nicht wohl, vielleicht könnten sie das nochmal anders sagen."

Ich habe das ausprobiert. Ein unfreundlicher Kollege. Die grantige Frau hinterm Schalter am Bahnhof. Der gestresste Arzt. Es braucht Besinnung und Mut. Ich habe mich nicht in einer verärgerten Reaktion verfangen, sondern habe nach einem kurzen Moment des Innehaltens formuliert, dass ich es eben schöner fände, wenn wir freundlicher und offener miteinander sprechen würden, weil sich das nun mal besser anfühlt und ob das vielleicht möglich wäre. Der Ball ist dann beim Anderen. Natürlich waren die Blicke erstaunt, aber ich habe aufgrund meiner eigenen Höflichkeit ausschließlich wohlwollende Reaktionen erhalten.

Und vor ein paar Tagen stieß ich auf ein Zitat, das von dem Mystiker des Spätmittelalters Meister Eckhart stammt und dasselbe beschreibt:

"Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutsamste Mensch ist immer der, der dir gegenüber steht und das notwendigste Werk ist immer die Liebe."

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Nino Rota/1911 - 1979
Album: ALL'ITALIANA: ITALIENISCHE KAMMERMUSIK FÜR FLÖTE UND HARFE
* Allegro festoso - 3.Satz (00:04:02)
Titel: Sonata für Flöte und Harfe
Sonate
Solist/Solistin: Hans Jörg Wegner /Flöte
Solist/Solistin: Ellen Wegner /Harfe
Länge: 02:00 min
Label: Thorofon CTH 2243

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