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"Wie geht es dir, liebe Resi?" Verfolgt und ermordet von den Nationalsozialisten: Die Tragödie der unbescholtenen Familie Zauser aus Feldkirch. Feature von Stefan Weber

Sie ist die Nachzüglerin der Familie, geboren am 4. Dezember 1910. Das wache und kluge Mädchen Therese will hinaus in die Welt wie ihr acht Jahre älterer Bruder Karl, der sein Brot als Trapezkünstler unter anderem beim berühmten Zirkus Sarrasani verdient. Die erstgeborene Schwester Marianne ist Korrespondentin und hat in Innsbruck ihre große Liebe gefunden: Dr. Robert Weiss, Verwaltungsjurist.

Therese ist knapp 20, als sie eine Ausbildung als Jongleuse und Tänzerin beginnt, danach bereist sie als Varieté-Künstlerin Nordafrika und den Orient. Casablanca, Fez, Alexandrien, Port Said, Damaskus, und viele Städte mehr. Immer stehen die Zausers in engem brieflichen Kontakt, das Verhältnis scheint herzlich.

Die Familie ist nichtjüdischer Herkunft und es gibt keine Belege, dass sie politisch gegen den aufkommenden Nationalsozialismus agiert. Trotzdem gerät Therese Ende der 1930er-Jahre in die Mühlen des NS-Regimes und wird im Februar 1942 im KZ Ravensbrück ermordet. Auch ihr Schwager Robert Weiss wird verfolgt, zerbricht daran und stirbt kurz vor Kriegsende in geistiger Umnachtung. Karl überlebt den Krieg, mit der Artistenkarriere ist es aber vorbei, er zieht zu Marianne in die Dachwohnung des Elternhauses, gelegentlich tritt er noch bei Kinderfesten als Zauberer und Clown auf und säuft sich zugrunde.

1955 wird der leidenschaftliche Sammler Reinhard Häfele geboren. Er wächst als Einzelkind im gleichen Haus wie Marianne und Karl auf. Vor ihrem Tod bittet ihn die alte Marianne Zauser: "Da sind noch die Sachen von uns, und wenn du sie haben möchtest, nimm sie."

Aus dem nahezu vollständigen und bisher unveröffentlichten Briefwechsel der Familie Zauser sowie aus amtlichen Dokumenten und den Kindheitserinnerungen von Reinhard Häfele zeichnet sich das Bild einer vergessenen Familie, die in den Strömungen der Zeit ertrinkt.

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  • Stefan Weber