Menschenbilder

"Hören und verstehen mit dem dritten Ohr" - in memoriam Arno Gruen. Gestaltung: Petra Herczeg und Rainer Rosenberg

In seinem in diesem Jahr erschienenen Buch "Wider den Terrorismus", das er als Reaktion auf das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo herausgebracht hatte, stellte Arno Gruen ein Zitat seines Freundes Henry Miller als Motto voran: "Wir leben vollkommen in der Vergangenheit, ernähren uns von toten Gedanken, totem Glauben, toten Wissenschaften. Und es ist die Vergangenheit, die uns verschlingt, nicht die Zukunft."
Nun gehört das Leben des Psychoanalytikers, Psychologen und Autors Arno Gruen selbst der Vergangenheit an, er ist am vergangenen Dienstag im Alter von 92 Jahren in Zürich gestorben.
Bis zuletzt arbeitete Gruen an seinem nächsten Buch "Wider die kalte Vernunft" - einer Kritik an der abstrakten Rationalisierung. Das Buch soll im Jänner 2016 erscheinen.

Gruen war von 1958 bis 1979 in den USA als Professor und Therapeut an verschiedenen Universitäten und Kliniken tätig, 1979 übersiedelte er nach Zürich, wo er seine Privatpraxis betrieb und seine zahlreichen Bücher schrieb.
2001 wurde Arno Gruen mit dem Geschwister-Scholl-Preis für seinen Essay über "Der Fremde in uns" ausgezeichnet. Arno Gruen beschäftigte sich in seinen Büchern vor allem mit der Frage, was dazu führt, dass Menschen anderen Menschen mit Grausamkeit und Brutalität begegnen. Er warnte davor, dass das Mitgefühl - wie z.B. im nationalsozialistischen Regime - verloren geht, und dass man die eigenen schlechten Eigenschaften im Anderen sieht und den deshalb bekämpft.

Gruen selbst emigrierte 1936 als Kind mit seiner Familie über Polen und Dänemark in die USA. Drei Bücher befanden sich damals im Gepäck des 13-jährigen: Ein Lexikon, ein Band mit Gedichten von Chaim Nachman Bialik und die Bibel - die Bibel hatte Gruen wegen der Propheten mitgenommen, die ihm imponiert hatten ...

Service

Bücher von Arno Gruen:

Wider den Terrorismus. Klett Kotta, Stuttgart, 2015
Wider den Gehorsam. Klett-Kotta, Stuttgart, 2014
Dem Leben entfremdet. Warum wir wieder lernen müssen zu empfinden. Klett-Cotta, Stuttgart 2013
Der Fremde in uns. Klett-Cotta, Stuttgart 2000
"Ich will eine Welt ohne Kriege". Klett-Cotta, Stuttgart 2006
Verratene Liebe - Falsche Götter. Ansichten und Einblicke. Klett-Cotta, Stuttgart 2003
Der Kampf um die Demokratie: Der Extremismus, die Gewalt und der Terror. Klett-Cotta, Stuttgart 2002
Der Verlust des Mitgefühls. Über die Politik der Gleichgültigkeit. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997
Der Wahnsinn der Normalität: Realismus als Krankheit. Eine grundlegende Theorie zur menschlichen Destruktivität. Kösel, München 1987
Der Verrat am Selbst. Die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau. Causa, München 1984
Falsche Götter. Über Liebe, Hass und die Schwierigkeit des Friedens. Econ, Düsseldorf 1991
(mit Doris Weber) Hass in der Seele. Verstehen, was uns böse macht. Herder, Freiburg 2001
Der frühe Abschied: Eine Deutung des plötzlichen Kindstodes. Kösel, München 1988

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Leos Janacek
Album: JANACEK: STREICHQUARTETTE
* Moderato. Adagio. Allegro - 3.Satz (00:05:19)
Titel: Quartett für Streicher Nr.2 "Intime Briefe"
Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncelo

MUSIK TEILWEISE UNTERLEGT!!!!!
Ausführende: Hagen Quartett
Ausführender/Ausführende: Lukas Hagen /Violine
Ausführender/Ausführende: Rainer Schmidt /Violine
Ausführender/Ausführende: Veronika Hagen /Viola
Ausführender/Ausführende: Clemens Hagen /Violoncello
Länge: 01:40 min
Label: DG 4276692

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