Radiokolleg - Emmas Nachfahrinnen

Neue feministische Stimmen (4). Gestaltung: Tanja Malle

Im Jahr 1977 erschien erstmals die Zeitschrift Emma, deren Name wegen seiner Griffigkeit und der Eignung als Wortspiel mit dem Begriff Emanzipation gewählt wurde, sagt die Herausgeberin der Zweimonatszeitschrift, Alice Schwarzer. Emma, die feministische Zeitschrift, feiert im Jänner ihren 39. Geburtstag und hat wichtige gesellschaftliche Debatten initiiert und geprägt. Emma war und ist das Gegenteil herkömmlicher Zeitschriften, deren Zielgruppe Frauen sind: Nicht Schmink- und Modetipps, der Bikini-Körper, Klatsch und Tratsch oder schönes Wohnen sind Thema, sondern Fragen der Gleichstellung und Gleichwertigkeit der Geschlechter, sowie die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper.
Emmas Nachfahrinnen, die neuen feministischen Stimmen von heute, scheuen nicht davor zurück, auszusprechen, dass der Feminismus "seit ungefähr einem Vierteljahrhundert auf der Stelle tritt". Diese Diagnose stammt von der wohl bekanntesten jungen feministischen Denkerin der Gegenwart - der Engländerin Laurie Penny. Sie hat zuletzt mit "Unsagbare Dinge" eine Abrechnung mit dem kapitalistischen System veröffentlicht. Einer ihrer Kritikpunkte: Dem Mainstream-Feminismus, so Penny, gehe es hauptsächlich um Aufstiegschancen der weiblichen Mittelschicht. Er verkenne das eigentliche Übel: Das vom Kapitalismus propagierte Leistungsprinzip, das alle unterdrückt, die sich nicht dem Diktat des Marktes beugen oder für diesen nicht von Nutzen sind.

Laurie Penny, Jahrgang 1987, ist eine der lautstärksten Kämpferinnen für die Emanzipation, die sich auch in tagesaktuelle politische Debatten einmischt. Vor allem dann, wenn weiße, heterosexuelle Männer, andere gesellschaftliche Gruppen unterdrücken. Nicht nur Frauen, sondern auch people of colour, sexuelle Minderheiten und andere. Denn auch das ist ein Charakteristikum der jungen feministischen Denkerinnen von heute: Die Verschwesterung mit Nicht-Privilegierten Gruppen. Viele davon nutzen das Netz, um ihrer Stimme Gehör zu verleihen - oft mit Erfolg. Doch der Preis, den sie dafür mitunter zahlen müssen, ist hoch: Shitstorms, das heißt wüste Beschimpfungen und gefährliche Drohungen.

Das Radiokolleg holt neue feministische Stimmen vor den Vorhang.

Service

Anne Wizorek: "Weil ein Aufschrei nicht reicht. Für einen Feminismus von heute", 336 Seiten, Fischer Paperback
Laurie Penny: "Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution", 288 Seiten, Edition Nautilus
Mona Eltahawy: "Warum hasst ihr uns so?.Für die sexuelle Revolution der Frauen in der islamischen Welt", 208 Seiten, Piper Verlag
Bettina Haidinger und Käthe Knittler: "Feministische Ökonomie", 168 Seiten, Mandelbaum Verlag
Marty Huber: "Queering Gay Pride. Zwischen Assimilation und Widerstand", 282 Seiten, zaglossus Verlag
Ingrid Brodnig: "Der unsichtbare Mensch. Wie die Anonymität im Internet unsere Gesellschaft verändert", 176 Seiten, Czernin Verlag

Sendereihe