Praxis - Religion und Gesellschaft

1. Libanon vor dem Kollaps - Ein Lokalaugenschein mit Caritas Österreich
2. Margot Käßmann über den deutschen Militäreinsatz in Syrien
3. Die tanzenden Derwische von Konya

1. Libanon vor dem Kollaps - Ein Lokalaugenschein mit Caritas Österreich

Vier Millionen Einwohner hatte das kleine, ohnehin schon dicht besiedelte Land Libanon. Seit dem Ausbruch des Krieges in Syrien sind in den letzten Jahren nach offiziellen Zahlen mehr als eine Million Flüchtlinge dazu gekommen. Der Libanon sieht sich überfordert.

Die Innenstadt von Beirut erstrahlt im weihnachtlichen Lichterglanz. Aufblasbare Weihnachtsmänner und blinkende Lichterketten, hell erleuchtete Geschäfte und Restaurants. Doch die schöne Fassade trügt: Denn eigentlich gibt es im Libanon bereits Stromrationierungen. Sein Geschäft kann oft nur beleuchten, wer sich einen eigenen Generator leisten kann. Der Libanon ist überfordert mit der Welle an Flüchtlingen, die seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges im benachbarten Syrien hier Schutz gesucht haben.

Caritas bringt Decken

In jeder nass-kalten, Schimmel verseuchten Bauruine trifft man auf das andere Beirut: auf syrische Flüchtlingsfamilien, die sich in einem kaum beheizten Raum ohne Möbel, nur ein paar Matratzen auf dem Boden, zusammendrängen. Oder man fährt hinaus an den Stadtrand von Beirut, wie die Mitarbeiterinnen der libanesischen Caritas, das Auto vollgepackt mit Decken, in der Tasche das Heft für die Hygieneartikel- und Kleidergutscheine. Hier leben vor allem muslimische Familien aus Syrien in Zelten aus Plastikplanen.

Auch der 48-jährige Hassan El-Hassan lebt hier mit seiner Frau Khadiga und fünf Kindern. "In Syrien hatte ich eine Landwirtschaft, aber eine Fassbombe der Armee hat unser Haus zerstört", erzählt er. Vor zwei Jahren ist er mit seiner Familie geflohen, nur mit den Kleidern am Leib. "200 Dollar müssen wir pro Monat Miete zahlen für das Zelt, von der UN bekommen wir 100 Dollar und im Sommer kann ich ab und zu als Erntehelfer arbeiten. Aber jetzt bin ich schon drei Mieten im Rückstand und nächsten Monat müssen wir raus." Wo sie dann hin sollen, weiß Hassan El-Hassan nicht.

Heimweh nach Syrien

Manchmal würden sie im Fernsehen Bilder sehen von den Menschen, die nach Europa fliehen, erzählt der Syrer. Er selbst würde lieber nach Syrien zurückkehren eines Tages und meint: "Assad ist in letzter Zeit kein guter Präsident mehr, wir hätten gerne einen besseren." Im Moment sei es hier besser als in Syrien, ergänzt Hassans Frau Khadiga. "Aber wir würden auch zurückgehen, selbst wenn Assad Präsident bleibt, wenn nur endlich Frieden wäre."

Keine Schule, keine Zukunft

Ihre Kinder wachsen auf mit den Bildern vom Krieg in Syrien, die den ganzen Tag über den Bildschirm des kleinen Fernsehers flimmern. Eine Schule besuchen sie nicht. Das öffentliche Schulsystem im Libanon ist hoffnungslos überlastet durch die Flüchtlingswelle.
Offiziell registriert sind 1,1 Million Flüchtlinge, die geschätzte Dunkelziffer liegt bei 1,6 Millionen, rund die Hälfte davon sind Kinder. Dazu noch eine halbe Million palästinensischer Flüchtlinge, die seit Jahrzehnten im Land leben. Und das in einem Land, das nur so groß ist wie das Bundesland Tirol und selbst vier Millionen Einwohner hat. Das Land ist überfordert: Libanesen verlieren ihre Arbeit, weil Syrer nicht offiziell arbeiten dürfen, aber von irgendwas leben müssen, jede Arbeit annehmen, zu Dumping-Preisen.

Vor dem Kollaps

Bruno Atieh, Flüchtlingskoordinator der Caritas Libanon meint: "Wir überleben gerade irgendwie und das System kann jederzeit kollabieren." Viele Menschen seien unter die Armutsgrenze gerutscht. Geschäfte sperrten zu, die Wirtschaft leide, politisch herrsche das Chaos und die Sicherheitslage sei eine große Herausforderung, sagt der Flüchtlingskoordinator.
Der Libanon fühlt sich im Stich gelassen: Der UN-Nothilfeplan für die Region für 2015 ist jetzt am Ende des Jahres noch immer erst zur Hälfte finanziert. Die internationale Hilfe bleibt aus, gerade wenn sie am nötigsten gebraucht würde, denn die syrischen Flüchtlinge haben mittlerweile alle Ressourcen, die sie selbst vielleicht noch retten konnten, aufgebraucht und stehen nun vor dem Nichts und einer ungewissen Zukunft. Die Caritas Österreich leistet im Libanon nicht nur akute Nothilfe, sondern investiert auch in nachhaltige Bildungsprojekte, um verhindern zu helfen, dass hier eine "lost generation" heranwächst, wie es Caritas-Präsident Michael Landau ausdrückt. Alexandra Mantler hat im Libanon auch konkrete Hilfsprojekte der österreichischen Caritas besucht.


2. Margot Käßmann über den deutschen Militäreinsatz in Syrien

Margot Käßmann, ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, äußert sich kritisch darüber, dass nun 1200 deutsche Soldaten die internationale Koalition in Syrien unterstützen sollen. - Gestaltung: Maria Harmer


3. Die tanzenden Derwische von Konya

Jedes Jahr im Dezember zum Todestag des islamischen Mystikers Mevlana Rumi, der im 13. Jahrhundert gelebt hat, pilgern Touristen und spirituell interessierte Menschen in die türkische Stadt Konya. - Gestaltung: Thomas Bormann

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