Radiokolleg - Chronist einer versunkenen Welt

23. Dezember 2015, 09:45

Großindustrieller und Volksliedsammler: Konrad Mautner lebte und arbeitete in zwei völlig verschiedenen Welten. Sein Vater Isidor gründete 1893 das größte Textilunternehmen der Monarchie, der Sohn wurde in Wien von Privatlehrern und am Schottengymnasium unterrichtet. Die Sommerfrische verbrachte die Familie immer in der Steiermark: In Gößl am Grundlsee wuchs Konrad praktisch mit den Einheimischen auf. Der Ort wurde seine zweite Heimat: Konrad Mautner sprach die Mundart der Gegend, trug die Tracht, tanzte und sang mit den Gößlern.

1910 gab Konrad Mautner das "Steyerische Raspelwerk" heraus, in dem er Vierzeiler, Lieder und Gasslreime der Gegend dokumentierte. Das Buch ist eine bibliophile Kostbarkeit und wird als "das schönste Buch der österreichischen Volksliedforschung" bezeichnet. Es ist zudem die erste musikalische Dorfmonographie Österreichs. Weitere Volksliedsammlungen folgten, wobei Konrad Mautner auch schon früh technische Mittel einsetzte und phonographische Aufzeichnungen machte.

Die bäuerlich geprägte Welt, die der Volksliedforscher dokumentierte, existiert heute nicht mehr. Doch die authentische Musizierpraxis und die musikalischen Traditionen haben sich im Ausseerland bis in die Gegenwart erhalten. Sie treffen heute auf ein wachsendes Interesse an Volksmusik und Brauchtum - in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne.

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