Diagonal - Radio für Zeitgenoss/innen

23. Jänner 2016, 17:05

Keiner weiß genau, was es ist, aber viele behaupten, es zu erkennen. Wie dem Kunstwerk bei Walter Benjamin haftet dem Glamourösen eine Aura an, die niemand benennen kann, deren Nähe aber scheinbar alle suchen. Glamour steht für Anmut und Eleganz, für die betörende körperliche Attraktivität, die alle Blicke auf sich zieht. Verbunden wird der Glamour vor allem mit den großen Diven der goldenen Hollywood-Ära: Marlene Dietrich oder Greta Garbo gelten bis heute als glamouröse Figuren. Die schaumgeborene Medienprominenz unserer Tage, die in TV und Web 2.0 den glamourösen Auftritt mimt, wirkt da eher wie eine Karikatur einstiger Glamour-Göttinnen.

Seit Adorno gilt der Glamour als ästhetisches Paradigma des Kapitalismus, er produziert ein magisches Trugbild, dem wir, die Konsument/innen, erliegen. Die Magie liegt auch in der Etymologie des Wortes "Glamour", das vom schottischen "grammar" abgeleitet wird - ursprünglich bezeichnete es die Regelwerke der katholischen Scholastik, bis es in der Reformation zur bösen Magie und Zauberkunst umgedeutet wurde.
Erstausstrahlung: 16. Mai 2015

Service

Roland Barthes, "Mythen des Alltags", Edition Suhrkamp

Vitus Weh (Hrsg.), "Glanz & Verderben. Die unheimliche Konjunktur des Kristallinen", Folio Verlag

Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, "Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente", Fischer TB

Esther Ruelfs, Sabine Schulze (Hrsg.), "Fette Beute. Reichtum zeigen", Verlag Christof Kerber

Sighard Neckel, Greta Wagner (Hrsg.), "Leistung und Erschöpfung. Burnout in der Wettbewerbsgesellschaft", Suhrkamp Verlag

Elke Gaugele (Hrsg.), "Aesthetic Politics in Fashion", Sternberg Press

Monika Faber, "Die montierte Frau. Aktphotographien des Atelier Manassé aus den 20er und 30er Jahren" und "Die Frau, wie du sie willst. Glamour, Kult und korrigierte Körper. Atelier Manassé 1922-1938", Verlag Christian Brandstätter (antiquarisch)

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