Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Ausgeliefert - Gewalt und Aggression im Gesundheitswesen


Dass es an Orten, die eigentlich der Genesung und Pflege gewidmet sind, auch zu angespannten Situationen kommen kann, ist wohl jedem bekannt, der einmal in einer überfüllten Ambulanz warten musste. Doch nicht immer bleibt es bei verbalen Unmutsäußerungen. Zunehmend häufiger wird auch von körperlichen Übergriffen berichtet.
Angestellte von Gesundheitseinrichtungen klagen über eine steigende Gewaltbereitschaft von Patientinnen und Patienten. Einige Spitäler, etwa Wolfsberg oder Villach, haben bereits elektronische Notrufsysteme im Einsatz, in Braunau wurde kürzlich ein "Anti-Gewalt-Projekt" gestartet. Die meisten Schwerpunktkrankenhäuser arbeiten bereits mit privaten Wachdiensten zusammen.
Eine Zunahme gewalttätiger Übergriffe gibt es jedoch, zumindest in der Bundeshauptstadt, statistisch belegt nicht, wie der Pflegeleiter der psychiatrischen Abteilung an der Wiener Rudolfstiftung Harald Stefan berichtet. Vielmehr scheint die zunehmende Sensibilität dieser Thematik gegenüber dazu zu führen, dass kritische Situationen nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden.
Dennoch führen schlechte Arbeitsbedingungen, Überforderungen und unzumutbare Wartezeiten immer häufiger zu aggressivem Verhalten aller Beteiligten. Diese Form der "strukturellen Gewalt" löst bereits bei kleinen Anlässen überbordende Reaktionen aus. In beide Richtungen.
Aggression und Gewalt kommen vor allem in Betreuungssituationen vor, durchaus auch auf subtile Art: Werden pflegebedürftige Menschen daran gehindert, die Station zu verlassen, zum Essen "überredet" oder mit Medikamenten ruhiggestellt, so ist die Grenze zum Freiheitsentzug bereits überschritten. Gerade im Bereich der Pflegeeinrichtungen oder der privaten Pflege zu Hause, gehen Konflikte immer wieder auch mit körperlichen Übergriffen einher. Eine Unterscheidung zwischen "Opfer" und "Täter" ist oft nicht möglich und, so Harald Stefan, auch nicht zweckmäßig. Nur das Erlernen von Strategien zur Konfliktlösung und Deeskalation hilft, mit heiklen Situationen zurechtzukommen.
Dr. Ronny Tekal spricht mit seinen Gästen über die verschiedenen Spielarten von Gewalt im Gesundheitsbereich und diskutiert Möglichkeiten zu einem friedlichen und damit auch gesünderem Miteinander.

Eine Sendung von Dr. Ronny Tekal.
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Studiogäste im Funkhaus Wien:
Gabriele Allmer, MBA, Dipl. Gesundheits- und Krankenschwester, Wiener Pflege,- Patientinnen,- und Patientenanwaltschaft, Leiterin der Geschäftsstelle Wiener Heimkommission
Schönbrunner Straße 108
A-1050 Wien
Tel: +43/1/587 12 04
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OA Dr. Thomas Frühwald, Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie,Abteilung für Akutgeriatrie, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel
Wolkersbergenstraße 1
A-1130 Wien
Tel: +43/1/80110 3340
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Dr. Harald Stefan, Dipl. psychiatrischer Gesundheits- und Krankenpfleger, Akademischer Pflegemanager, Trainer für Deeskalations- und Sicherheitsmanagement
Krankenanstalt Rudolfstiftung
Juchgasse 25
A-1030 Wien
Tel: +43/1/711 65 2905
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Weitere Anlaufstellen und Info-Links:
Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft

VertretungsNetz - Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung (VSP)

NÖ Bewohnervertretung
Verein Netzwerk Aggressionsmanagement im Gesundheits- und Sozialwesen (NAGS Austria)
Broschüren:
Broschüre Gewalt erkennen - ältere Menschen in Institutionen (Sozialministerium)
Broschüre Gewalt gegen älter Menschen in häuslicher Pflege (Plattform gegen Gewalt in der Familie)
http://www.pflegenetz.at/index.php?id=78&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news=846&cHash=6a805cffb3906e18be3bacba54486008&type=123|Schluss mit Schweigen - Pflegende Angehörige erfahren Aggression und Gewalt]
Patientenanwaltschaft zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen
Handeln statt Misshandeln - Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter e.V.
Artikel:
Gewalt gegen Pflegende: Ein Tabuthema, das mehr Beachtung verdient hat
Gesundheitsberufe: Gewalt ist zunehmend ein Berufsrisiko
Buchtipp:
Sascha M. Buchinger
Gewalt in stationären Einrichtungen der Altenhilfe
Mabuse Verlag
ISBN-13: 978-3938304389

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