Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Leiterin des Dommuseums Wien. "Blaues Pferd und gelber Tiger" - Zum 100. Todestag von Franz Marc. Gestaltung: Alexandra Mantler

Krieg

"Zwischen den grenzenlosen schaudervollen Bildern der Zerstörung, zwischen denen ich jetzt lebe, hat dieser Heimkehrgedanke einen Glorienschein, der gar nicht lieblich genug zu beschreiben ist. Behüte nur dies mein Heim, Dich selbst, Deine Seele und Deinen Leib und alles was mir gehört, zu mir gehört."

Diese berührenden Zeilen schrieb Franz Marc seiner Ehefrau Maria heute vor 100 Jahren, am Vormittag des 4. März 1916. Er notierte seine Sehnsucht nach der bayrischen Heimat und seiner geliebten Frau auf einer Feldpostkarte in Verdun. Am Nachmittag desselben Tages war Franz Marc bereits tot. Er starb nicht im Kampf, sondern wurde bei einem Erkundungsritt von Granatsplittern tödlich getroffen.

Franz Marc war schon kurz nach Ausbruch des Krieges, genauso wie sein Freund August Macke, eingerückt. Die Kriegsbegeisterung, die viele Intellektuelle zu Beginn des Ersten Weltkriegs erfasst hatte, ist heute schwer nachvollziehbar. Franz Marc war einer von ihnen. Lange saß er dem Irrtum auf, der Krieg sei eine notwendige Erneuerung für Europa.

Kurz vor Kriegsbeginn im Jahr 1914 malte er das Bild "Kämpfende Formen". Zu sehen sind ein rotes und ein blaues Farbgebilde, die miteinander zu ringen scheinen. In Franz Marcs Farbtheorie war Blau die Farbe des Geistigen und Rot die der Materie.

Mich fasziniert dieses untypische Gemälde immer wieder aufs Neue. Es ist eine der letzten und größten Arbeiten des Künstlers - ungemein dynamisch und bereits gänzlich abstrakt. Im Wissen, dass kurz darauf der Erste Weltkrieg ausgebrochen ist, erscheint es in seiner Unruhe auch wie eine Vorahnung des Krieges. Wie ein Zittern der Welt angesichts des bevorstehenden Untergangs.

Kurz vor seinem Tod widerrief Franz Marc seinen Glauben an den Krieg. So beklagte er sich in einem Brief an seine Frau zu Beginn des Jahres 1916 über dieses blutige Jahr. Zitat: "Und das alles um nichts, um eines Missverständnisses willen, aus dem Mangel, sich dem Nächsten menschlich verständlich machen zu können."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 160304 Gedanken für den Tag / Johanna Schwanberg
Länge: 03:46 min

Komponist/Komponistin: Bela Bartok/1881 - 1945
Titel: Konzert für Orchester Sz 116
* Giuoco delle coppie - 2.Satz (00:06:33)
Orchesterkonzert
Orchester: Ungarisches Staatsorchester
Leitung: Janos Ferencsik
Ausführender/Ausführende: Janos FERENCSIK/18.1.1907 Budapest - 12.6.1984 ebd.
Länge: 02:00 min
Label: Hungaroton HCD 127592

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