Gedanken für den Tag

10. März 2016, 06:56

In einem Interview hat Krzysztof Kieslowski seine Arbeit so geschildert: "Ich zeige Menschen, die nicht klarkommen, die flüchten, ohne zu wissen wovor und wohin. Die nicht weiter wissen. Und eigentlich gilt das für uns alle. Denn niemand wird mit der Realität fertig. Niemand."

Eine riesige Plattenbausiedlung in Warschau. Dort leben die Menschen, von denen "Dekalog" erzählt, ein Zyklus von zehn Filmen, die sich lose auf die zehn Gebote beziehen. In nur einem Jahr sind sie entstanden. Sie machten Kieslowski international bekannt.

"Dekalog 1" handelt von einem Universitätsprofessor und seinem Sohn Pawel. Der aufgeweckte Schüler teilt die Leidenschaft seines Vaters für Computer. Gemeinsam stellen sie Berechnungen aller Art an, lösen komplizierte Rechenaufgaben. Etwa: Wann treffen A und B bei welchem Tempo wo zusammen?

Die Welt scheint ihre Geheimnisse preiszugeben. Doch da findet Pawel einen toten Hund im Schnee. Unter Tränen erzählt er es dem Vater. "Wenn dieser schöne Hund einfach erfriert", fragt er, welchen Sinn haben dann meine Berechnungen?" Er kommt auf Gott zu sprechen. Doch der Vater ist Agnostiker; bei diesem Thema muss die Tante aushelfen.

Zur Freude Pawels haben die Computerberechnungen ergeben, dass das Eis am nahen Fluss endlich fest genug ist. Morgen darf er seine Schlittschuhe ausprobieren. Aber entgegen aller Mathematik bricht das Eis. Fassungslos muss der Vater mitansehen, wie Taucher den Körper seines Sohnes aus dem Wasser bergen.

Er läuft in die Kirche, er stößt den Altar um. Ein Gott muss her, wenigstens zum Hadern, wenigstens zum Anklagen. Von einer umgestürzten Kerze tropft heißes Wachs auf das Bild einer Madonna. Es sieht aus, als wären es Tränen. Kieslowski denkt sich den Himmel weinend, wenn ein Kind ertrinkt.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler