Radiokolleg - Weiblicher Dämon, männliche Projektionsfläche

Zur Kulturgeschichte der Hexe (1).
Gestaltung: Rosemarie Burgstaller und Robert Weichinger

Der Begriff "Hexe" ist alt, er entstand im Zuge der Christianisierung und bezeichnete in erster Linie Frauen (aber auch Männer), denen übernatürliche Kräfte und besonderes Wissen, speziell in der Naturheilkunde, zugeschrieben wurden. Heute werden mit diesem Wort eine Vielzahl an Bildern, Assoziationen und Klischees verbunden, etwa Zauberin, Märchenfee, Verführerin, im Bund mit dem Bösen, alte buckelige Frau mit Warze, grün im Gesicht mit Spitzhut auf einem Besen durch die Lüfte reitend, besonders anziehende Frau, Wahrsagerin, Heilerin etc.

Aus der langen, bis in die Gegenwart reichenden Kultur- und Sozialgeschichte der "Hexe" ist die Geschichte der Hexenverfolgung in der Frühneuzeit herausragend. Hier wurden Menschen, die nicht dem konformistischen Bild entsprachen, mit dem "Ketzerischen", dem Unheils- und Unglücksbringenden verbunden und als "mit dem Teufel im Bunde" stigmatisiert. War es schon lange zuvor ein im breiten Volksglauben verankertes "Sündenbock"-Muster, atypische Menschen für Naturkatastrophen oder Missernten als "Schuldige" zu denunzieren, so wurde dies mit den in Europa im 15. Jahrhundert einsetzenden, von weltlicher und kirchlicher Seite betriebenen massiven Verfolgungswellen auf die Spitze getrieben. Im 1487 veröffentlichten und anschließend zum "Standardwerk" avancierten Machwerk "Hexenhammer" des Dominikanermönchs Heinrich Kramer wurde das neuzeitliche Hexenbild zusammengefasst und explizit weiblich codiert. Mehr als 80 Prozent der Opfer dieser "Hexenhysterie" in Europa waren Frauen.

Im Zeitalter der Aufklärung ebbten Denunziation und Mord ab, die systematischen und rechtlich gestützten Hexenprozesse und Hinrichtungen endeten im 18. Jahrhundert. Spätestens im 19. Jahrhundert traten neben das negative Bild wieder positive Zuschreibungen für "Hexen". Der französische Historiker und Republikaner Jules Michelet, sah in der Hexe eine "Ärztin des Volkes" und "weise Frau", die sich gegen feudale Unterdrückung auflehnt. Er ging sogar so weit, in Hexen eine Kraftquelle im Kampf gegen Unterdrückung zu sehen.

Service

Wolfgang Behringer: "Hexen" (C.H.Beck)

Johannes Dillinger: "Hexen und Magie" (Campus)

Eckhard Rohrmann: "Mythen und Realitäten des Anders-Seins" (Verlag für Sozialwissenschaften)

"Hexenwahn". Katalog zur Ausstellung (DHM)

Jules Michelet: "Die Hexe" (Promedia)

Jean Delumeau: "Angst im Abendland" (rororo)

Barbi Markovic: "Superheldinnen" (Residenz)

Raimund Hörburger: "Magie und Wissenschaft. Hexenwesen in Europa und Afrika" (BoD)

Sendereihe

Gestaltung