Gedanken für den Tag

19. Mai 2016, 06:56

Was verstehen wir unter Freiheit? Und vor allem, wobei geht es in der Buddhalehre, wenn wir davon sprechen, frei zu werden?

Es wird erzählt, der Buddha hat gesagt, es sind unsere Gedanken, die unsere Welt erzeugen. Das heißt, wir selbst schaffen unsere eigene Wirklichkeit. Frei zu werden heißt daher auch, unsere Konzepte entweder loszulassen, oder sie einfach als Konzepte zu erkennen.

Konzepte sind ja nicht a priori und grundsätzlich schlecht - sie sind aber auch keine Dogmen - sie sind einfach nur Konzepte. Wir Menschen und unsere Welt sind voll davon und auch in vielen buddhistischen Lehrgeschichten wird uns vor Augen geführt, wie sehr wir an Konzepten hängen und uns damit den Blick auf das Wirkliche verbauen.

Meister Dogen wurde vom Kaiser zu einem Bankett geladen. Ärmlich gekleidet wie immer, begab er sich zum Palast. Als er durch das Haupttor gehen wollte, wurde er von den Wächtern aufgehalten. "Wer bist du und was willst du?" "Ich bin Dogen, der Zen-Mönch, und ich bin vom Kaiser zum Essen geladen."

Die Wächter lachten ihn aus. "Was, du sollst der berühmte Meister Dogen sein? Nein, du bist bloß ein Bettler, geh weg und verschwinde von hier." Dogen ging wieder nach Hause. In einer Truhe hatte er einen wunderschönen Kimono von früher aufbewahrt. Er hatte ihn noch nie getragen, jetzt aber zog er ihn an und ging wieder zum Palast. Schon von weitem sahen ihn die Wächter und sagten: "Ah, da kommt der berühmte Meister Dogen!" - während er an ihnen wortlos vorbei, direkt zum Bankett ging.

Dort wurde er vom Kaiser freudig empfangen und eingeladen, an der Tafel Platz zu nehmen. Er aber zog sich nackt aus, legte seine Kleider auf den ihm zugewiesenen Platz, und ging zur Türe. Der Kaiser rief ihm fassungslos nach, was er da mache. Meister Dogen sagte: "Ich bin nur gekommen, um ihnen meine Kleider zu bringen, denn Sie haben ja nicht mich eingeladen, sondern meine Kleider!"

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler