Radiokolleg - Hauptsache studieren?

Die Akademisierung der Gesellschaft (4).
Gestaltung: Beate Firlinger

In der bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Debatte taucht seit einigen Jahren häufig das Schlagwort der Akademisierung auf. Es beschreibt einen Trend, der sich in Österreich wie in der gesamten westlichen Welt beobachten lässt und auf verschiedenen Ebenen vollzieht.

Zum einen drängen nach der Devise "Hauptsache studieren" immer mehr Maturantinnen und Maturanten an die Universitäten und Fachhochschulen. Im Zuge der Bildungsexpansion kam es seit den 1970er-Jahren zu einer signifikanten Höherqualifizierung der österreichischen Bevölkerung. Heute gilt in weiten Teilen der Gesellschaft nur die akademische Laufbahn als Garant für eine gesicherte Existenz und soziales Prestige.

Zum anderen wird die Arbeitswelt aufgrund der Digitalisierung, Technologisierung und Globalisierung immer komplexer. In der Wissensökonomie verändern sich die Qualifikationsanforderungen an die Erwerbstätigen enorm. Viele Ausbildungswege haben in letzter Zeit eine Akademisierung erfahren. Zurzeit durchlaufen zum Beispiel die Pflege- und Gesundheitsberufe ein "Upgrading" in Richtung Hochschulstudium.

Unter Fachleuten sorgen diese Entwicklungen im Bildungssystem für geteilte Meinungen. Die einen erkennen darin eine inhaltliche Aufwertung und Harmonisierung von Ausbildungen, die den Studierenden sowohl wissenschaftliche als auch professionsorientierte Kompetenzen mit auf den Weg geben. Mit einem abgeschlossenen Studium sind junge Menschen gut für das Berufsleben gerüstet, die Akademikerarbeitslosigkeit ist nach wie vor vergleichsweise gering, lautet eine Argumentationslinie.

Andere Expert/innen orten hingegen eine bildungspolitische Sackgasse, die vermehrt arbeitslose Uni-Absolvent/innen produzieren wird und zu Verdrängungseffekten auf den Arbeitsmärkten führt. Durch das Postulat der Akademisierung gerät das Berufsbildungssystem unter Druck. Im Gegenzug wird die universitäre Bildung immer beliebiger, flacher und weiter ökonomisiert, so die zweifelnden Stimmen.

Brauchen in Zukunft alle einen Hochschulabschluss? Wer schafft es überhaupt an die Uni und wer nicht? Wie steht es um die Chancengleichheit im tertiären Bildungssektor? Ist die fortschreitende Akademisierung gesellschaftlich und wirtschaftlich sinnvoll? Oder handelt es sich - wie der Titel eines Fachbuchs lautet - um einen "Akademisierungswahn"? Beate Firlinger erkundet im "Radiokolleg" das Spannungsfeld zwischen beruflicher und akademischer Bildung.

Service

Julian Nida-Rümelin: Der Akademisierungswahn. Zur Krise beruflicher und akademischer Bildung. edition Körber-Stiftung, Hamburg 2014
Rudolf H. Strahm: Die Akademisierungsfalle. Warum nicht alle an die Uni müssen. hep verlag, Bern 2014
Eckart Severing / Ulrich Teichler / BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung (Hg.): Akademisierung der Berufswelt? Berichte zur beruflichen Bildung. W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2013
Regina Haberfellner, René Sturm: Zur Akademisierung der Berufswelt.
Arbeitsmarktservice Österreich 2014
AMS report 106 - Download PDF

Julian Nida-Rümelin
Lorenz Lassnigg
Österreichische Berufsbildungsforschungskonferenz
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Österreichische Hochschüler_innenschaft - ÖH
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