Salzburger Mönchsberg

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Hörbilder

Der Tod des Professors. Hommage an einen Sandler am Salzburger Mönchsberg. Feature von Ernst Weber

"Er war ein beliebter Sandler", schreiben die Zeitungen. Er wohnte zurückgezogen in einer Höhle am Salzburger Mönchsberg. Vermummt in Wintermantel, Thermohose und dicker Pelzmütze gehörte er zum Salzburger Stadtbild. Seinen Namen kannte niemand, man nannte ihn einfach den "Professor".

Wenn der Professor seine tägliche Klostersuppe abholte, sang er lauthals Opernarien oder er war in laute Selbstgespräche vertieft: Mit Stalin als imaginärem Gegenüber zum Beispiel diskutierte er über weltpolitisch brisante Themen. Angeblich hatte der Mann aus freiem Willen die Obdachlosigkeit gewählt. Er trank nicht, er hatte keinen Kontakt zu anderen Obdachlosen. Man hielt ihn gar für einen verkrachten Musikprofessor.

Im Mai 1996 fand man ihn erschlagen vor seiner Höhle auf. Sein Tod verstörte Salzburg. Die Medien berichteten laufend über den Mordprozess. Jeder wollte den Professor plötzlich persönlich gekannt, mit ihm denkwürdige Dialoge geführt haben. Eine improvisierte Gedenkstätte entstand. Auch Jahre nach seinem Tod ist der scheue Mann nicht vergessen. Eine Art Mythos entstand um den "Professor" - genährt durch Erzählungen einiger weniger Menschen, die zu dem scheuen Eremiten näheren Kontakt hatten.

Ton: Martin Leitner
Redaktion: Eva Roither

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