Gedanken für den Tag

7. Dezember 2016, 06:56

Über den Glauben an Gott

Moses, Paulus, Blaise Pascal. Sie und andere hatten einschneidende Begegnungen mit Gott, umrahmt von einem brennenden Dornbusch, von einem Damaskuserlebnis, von einer Vision im Paris des Jahres 1654. Vielleicht haben sie sich geirrt: Moses, Paulus, Pascal. Tatsächlich waren sie und andere, deren Glauben an Gott auf einer unmittelbaren und eindringlichen Begegnung mit rational nicht Fassbarem fußt, hochgradig sensibel, neigten vielleicht zu Wahnvorstellungen, würden von modernen Psychiatern zumindest als "auffällig" erachtet.

Doch was Außenstehende als haltloses Wahngebilde hinstellen, empfinden die von der Begegnung mit Gott Erfassten als unerschütterliche Wahrheit. Wer, so fragen sie mit Recht, ist befugt, ihnen ihre Erlebnisse als Trugbilder madig zu machen. Wird bei den Gottesbegegnungen des Moses, des Paulus, Pascals oder anderer eine ärztliche Diagnose getroffen, zielt sie ins Leere. Sie besagt in diesen Fällen nämlich nur, dass Außenstehende mit unangebrachten Begriffen ein Phänomen zu verniedlichen versuchen, das sie schlicht nicht verstehen.

Ein anderes, ein wirklich schwerwiegendes Argument hingegen zwingt Moses, wie auch Paulus, wie auch Pascal zu verstummen. Sie mögen Auserwählte sein, denen sich Gott geoffenbart hat. Doch was ist mit den vielen anderen, die im Gegensatz zu ihnen unter der Ferne Gottes leiden? Deren Schicksalsschläge sie an Gott zweifeln, gar verzweifeln lassen? Wenn Gott angesichts des Leids wenigstens tot wäre! Wenn Gott angesichts des Elends wenigstens gar nicht wäre! So klagen sie. Denn dann könnten sie noch gegen das Absurde rebellieren. So aber ist Gott von ihnen in unerreichbare Ferne entrückt. Der nahe und der ferne Gott. Ihn im Gebet zu preisen, bedeutet: daran zu glauben, nie tiefer zu fallen als in seine Hand.

Service

Rudolf Taschner, "Woran glauben - 10 Angebote für aufgeklärte Menschen", Verlag Brandstätter

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler