Köpfe von Lego-Figuren

APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS

Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Warum die Milz keine Augen hat (braucht) - Willkommen in der wundersamen Welt des Epigenoms.

Es gibt kaum zwei Lebewesen, die sich so stark unterscheiden: die "kleine Raupe Nimmersatt" und der Apollofalter. Und doch sind sie ein und dasselbe Tier, genetisch ident. Wie kann das sein?

Auch eine Zelle aus unserer Darmschleimhaut oder Milz kann mit dem Gen, das unseren Augen die blaue Farbe verleiht, wenig Sinnvolles anfangen. Diesen Phänomenen zu Grunde liegt die Epigenetik. Und sie ist auch der Schlüssel zum Wunder der Menschwerdung. Aus einer befruchteten Eizelle entwickeln sich Billionen spezialisierter Zellen, solche fürs Gehirn, für Muskeln, für das Innenohr usw.

Das menschliche Genom gilt seit April 2003 als entschlüsselt. Im jedem Zellkern befindet sich platzsparend zusammengepackt das gesamte menschliche Erbgut. Würde man die DNA entfalten und entwirren, hätte sie eine Länge von etwa zwei Metern - und das in jedem einzelnen Zellkern. Das ist aber nur der "grobe" Bauplan. Denn jede Zelle verwendet nur jene Teile der riesigen Menge an gespeicherten Informationen, die sie für ihre spezifische Aufgabe im Körper braucht. Hier kommt das Epigenom ins Spiel. Es umfasst alle Faktoren und Mechanismen, die dazu führen, dass manche Gene abgelesen und andere stillgelegt werden. Das ist vor allem für die Spezialisierung von Körperzellen wichtig. Und epigenetische Zusammenhänge könnten dafür verantwortlich sein, dass manche Zellen "vergessen", wer sie sind und unkontrolliert wachsen - also Krebs verursachen.

In den vergangenen Jahren wurden vor allem philosophische und teilweise auch esoterische Interpretationen die Epigenetik betreffend verbreitet. Es geht dabei um die These, dass Umwelteinflüsse und Erfahrungen epigenetisch über mehrere Generationen hinweg "weitervererbt" würden. Diese medienwirksamen Theorien haben aber laut Experten wenig mit dem derzeitigen Stand der Wissenschaft zu tun.
Dieses Mal diskutiert Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit Dr. Christoph Bock vom Wiener Forschungszentrum für molekulare Medizin und Prof. Hans Lehrach vom Max-Planck Institut für molekulare Genetik in Berlin darüber, was Epigenetik ist - und was nicht.

Eine Sendung von Dr.in Jana Meixner und Dr. Christoph Leprich.

Service

Dr. Christoph Bock
Principal Investigator
CeMM - Forschungszentrum für molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Lazarettgasse 14, AKH BT 25.3
1090 Wien
Tel.: +43/1/40160/70070
E-Mail
Christoph Bock

Prof. Dr.rer.nat Hans Lehrach
Leiter der Abteilung für Vertebraten-Genomik des Max-Planck Instituts für molekulare Genetik
Ihnestraße 63-73
14195 Berlin
Tel: +49/30/8413/1220
E-Mail
Hans Lehrach

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