Gedanken für den Tag

Hubert Gaisbauer über die Arbeit

Arbeit ist eine unverzichtbare Farbe im Spektrum Religion. Allerdings nur dann, wenn sie sich nicht selber zum Religionsersatz ermächtigt, meint der Publizist Hubert Gaisbauer, der sich in der Woche vor dem 1. Mai Gedanken zum Thema "Lieben und arbeiten" macht. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Für den Reformator Johannes Calvin bedeutete Arbeit eine Art Gottesdienst. "Wenn wir unserem Beruf gehorchen", schreibt er, "so wird kein Werk so unansehnlich und gering sein, dass es nicht vor Gott leuchtet und für sehr köstlich gehalten würde." Der anständig arbeitende Mensch folgt also christlichem Gehorsamsprinzip.

Dem steht das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen gegenüber, wie es die 2003 verstorbene lutherisch-protestantische Theologin Dorothee Sölle vertrat. Einem ihrer Hauptwerke hat sie den Titel "Lieben und arbeiten" gegeben. Mit einem provozierenden Untertitel allerdings: Eine Theologie der Schöpfung.

Nach Gottes Ebenbild geschaffen sein bedeute eben, dass wir arbeiten und lieben können. "Ganz bewusst", schreibt Sölle, "versuche ich eine Theologie der Schöpfung zu entwerfen, in der Energie, Aktivität und schöpferische Kraft des Menschen blühen". Denn "Er", und Dorothee Sölle meint Gott, "hat keine anderen Hände als unsere." Der Mensch ist ermächtigt, zumindest Mitverantwortung für die Schöpfung zu übernehmen.

Das Dilemma ist, dass Arbeit zuallererst nicht mit Schöpfung sondern mit Geld in Verbindung gebracht wird: Arbeit wird nach ihrem finanziellen Ertrag bewertet und so ihres eigentlichen Sinnes beraubt. Damit wird nicht nur der Arbeit, sondern auch dem Menschen die Würde genommen. Die Arbeitenden haben sich der Logik des Profits zu unterwerfen, in dem Werte wie Rücksichtnahme oder Hilfsbereitschaft keine Bedeutung mehr haben. Liebe hat keine Logik.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
* Giga
Titel: Partita No. 2 in D minor BWV 1004
Ausführende: Mark Lubotsky/Violine
Länge: 02:00 min
Label: Brilliant Classics 93102/11

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