Martin Kolozs über das Gute

29. August 2017, 06:56

Auf die Frage, was es bedeutet, gut zu sein, erhält man oft keine direkte Antwort, sondern wird auf Vorbilder verwiesen; auf Menschen, die in den Augen von vielen oder gar einer Mehrzahl gut waren, da sie Gutes - soll heißen Herausragendes - gedacht, getan oder bewirkt haben.

Das können große Staatsmänner ebenso sein, wie heilige Männer und Frauen bzw. Künstlerinnen, Forscher und Sportlerinnen. Die Liste ist beliebig lang und doch exklusiv; es scheint so, als trüge sie nur die Namen von glorreichen Helden, unfassbaren Genies und ewigen Gewinnern. Beiderlei Geschlechts. Und liest man sie, denkt man bisweilen: "Das kann ich nicht; dazu bin ich nicht imstande; diese sind besser als ich; ich bin nicht gut genug." Und läuft dabei Gefahr, das Gutsein diesen anderen - diesen vermeintlich einzigen Guten - zu überlassen, weil man sich nicht in eine Reihe mit Geistesgrößen, Gesellschaftsreformern, Menschenfreunden oder Nobelpreisträgeren aller Art stellen möchte bzw. denkt, nicht das Recht dazu zu haben, weil man seiner Überzeugung nicht immer treu geblieben ist, keinen Staat gegründet, sein Leben nicht riskiert und dadurch nicht Weltgeschichte geschrieben hat.

Aber das ist ein Fehler, ein Irrtum und - nicht selten - auch eine faule Ausrede, um dieses und jenes nicht zu tun, nicht in Angriff zu nehmen, nicht ändern zu müssen. Oder es setzt im Gegenteil ein Abwarten ein, auf die große Chance, um es sich und allen zu beweisen. Nach dem Motto: "Wer Gutes tun will, der tue Großes." Aber diese Formel stimmt nicht. Denn auch Vorbilder mussten sich entscheiden: "Jetzt oder nie!" Die Größe ihres Denkens und Handelns hat ihnen die Geschichte zugeschrieben und jene, die sie bewundern. Für sie galt jedoch, wie für uns alle gilt, was Franz von Sales sagte: "Die großen Gelegenheiten, dem Guten zu dienen, sind selten; kleine gibt es immer."

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• Alexandra Mantler