Demonstration, Abtreibungsgesetz, 1969

AP/ANTHONY CAMERANO

Radiokolleg - Eine Geschichte der Abtreibung

Von Ächtung, Protesten und neuen Verboten (3). Gestaltung: Ute Maurnböck-Mosser

"Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafrecht!" fordert eine Gruppe von Juristinnen. Der Anlass: nach wie vor ist Schwangerschaftsabbruch in Österreich strafbar. Heute werden Frauen, die abtreiben, nicht mehr mit dem Tode bestraft wie noch im 18. Jahrhundert, theoretisch droht ihnen aber eine Gefängnisstrafe. Fakt ist, dass die sogenannte "Fristenlösung" die Ausnahme der Regel darstellt. Dass nämlich ein Schwangerschaftsabbruch eigentlich verboten ist und nur straffrei bleibt, wenn Frauen innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft abtreiben und sich vorher beraten lassen oder wenn es gesundheitliche Gründe dafür gibt.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Schwangerschaftsabbruch sind - je nach Staat - höchst unterschiedlich. 2016 protestierten zehntausende Polinnen und Polen unter dem Motto "Czarny protest" ("schwarzer Protest") schwarz gekleidet gegen die geplanten Verschärfungen des ohnehin restriktiven Abtreibungsverbots. Nur bei Lebensgefahr der Mutter darf abgetrieben werden. Inzwischen wurde auch der Erwerb der "Pille danach" erschwert. Zur Folge hat diese Politik, dass hunderte Polinnen jedes Jahr nach Wien fahren, um hier Abtreibungen vornehmen zu lassen.

In Deutschland gibt es "Beratungserfordernisse": Frauen müssen Angaben zum geplanten Abbruch machen, außerdem muss eine Frist von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch liegen. Irische Frauen werden vielfach immer noch geächtet, wenn sie abtreiben wollen. Auch dort hat der Staat entschieden, dass Schwangerschaften ausgetragen werden müssen. "Abtreibung ist Mord", so das Credo von Staat und Kirche, das damit die unfreiwilligen Mütter mit ihrem Elend alleine lässt.

Auch in Österreich gibt es radikale Abtreibungsgegner/innen. Sie wollen die gesetzliche Möglichkeit eine Schwangerschaft beenden zu können, nicht hinnehmen und rufen Frauen vor Abtreibungskliniken Slogans wie: "Mama, bring dein Kind nicht um" zu. Ob mit oder ohne Beratung: Frauen, die abgetrieben haben, erzählen oft, dass sie sich die Entscheidung nicht leicht gemacht haben.

Das Radiokolleg skizziert die Geschichte der Abtreibung und spricht mit Betroffenen und Expert/innen über medizinische, juristische und moralische Aspekte.

Service

Literatur:

Luc Boltanski (2007): Soziologie der Abtreibung. Verlag Suhrkamp.

Brown, S. (2013): "Is counselling necessary? Making the decision to have an abortion. A qualitative interview study" in: The European Journal of Contraception and Reproductive Health Care, 18: 44-48

Edith Gindulis (2003): Der Konflikt um die Abtreibung. Die Bestimmungsfaktoren der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch im OECD-Ländervergleich. Westdeutscher Verlag.

Helfferich, C./Klindworth, H./Heine, Y./Wlosnewski, I./Eckert, J. (2013): frauen leben 3 - Familienplanung im Lebenslauf. Forschungsergebnisse zu ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftskonflikten, BZgA, Köln

Publikationen zu den Motiven für einen Schwangerschaftsabbruch in Österreich:


2001, "Schwangerschaftskonflikt - Motive für bzw. gegen den Schwangerschaftsabbruch", Wimmer-Puchinger

1995, "Familie und Familienpolitik in Österreich", Gisser et al

1988, "Frauen in der Beratung vor und nach der Entscheidung, Rahmenbedingungen zum Schwangerschaftsabbruch" , Wimmer-Puchinger

1988, "Frauen im Schwangerschaftskonflikt", Wimmer-Puchinger

1982, "Motive zum Schwangerschaftsabbruch", Wimmer-Puchinger

1978, "Geburt und Abtreibung", Münz und Pelikan

Film: "Der lange Arm der Kaiserin" von Susanne Riegler über die Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs in Österreich, 2012

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