Lotte Ingrisch

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Leporello

Lotte Ingrisch über Gottfried von Einem

Gottfried von Einem wäre 100: Witwe Lotte Ingrisch erinnert sich

Gottfried von Einem ist einer der bekanntesten österreichischen Komponisten der Moderne. Kommenden Mittwoch jährt sich der Geburtstag des 1996 Verstorbenen zum 100. Mal - und die Schar derer, die seiner gedenken, ist groß. Ö1 gestaltet einen Jahresschwerpunkt, zahllose Konzerte stehen auf den Spielplänen, auch im Radiokulturhaus werden ausgewählte Orgelwerke Einems zu hören sein. 30 Jahre lang bis zu dessen Tod war Lotte Ingrisch die Frau an der Seite des Komponisten. Von den bevorstehenden Feierlichkeiten will sie sich nicht davon abhalten lassen, lieb gewonnene Bräuche zu pflegen. Leporello erzählte Ingrisch, dass sie in Erinnerung an ihren Gottfried so manchen guten Tropfen Weins in eine Wiese des Waldviertels zu leeren pflegt.

Schon als 20-Jähriger kam Gottfried von Einem als Korrepetitor an die Berliner Staatsoper, später schuf er Schlüsselwerke der Moderne, etwa die Oper "Dantons Tod" nach Georg Büchner, "Der Besuch der alten Dame" nach Friedrich Dürrenmatt oder "Der Prozess" nach Franz Kafka. Lotte Ingrisch schrieb für Einem u.a. das Libretto "Jesu Hochzeit", darüber hinaus verfasste sie zahlreiche Bücher über ihre Kontakte ins Jenseits. Zuletzt erschien "Der Quantengott" mit dem renommierten Physiker Helmut Rauch als Koautor. Gottfried von Einem und Lotte Ingrisch waren wahrlich kein gewöhnliches Paar, ihre Ehe sei jedenfalls sehr fröhlich und humorvoll gewesen, sagt Ingrisch

Musikdramen, Opern, Orgelwerke, Sinfonien, Kammermusik und Lieder - das Oeuvre Gottfried von Einems ist gewaltig. Doch ein Stück nimmt für Lotte Ingrisch eine Sonderstellung ein: Der Rindlberger Marsch. Für die Witwe bedeutet er ein Stück gemeinsamer Vergangenheit im Waldviertel.

Gottfried von Einem war ein viel beachteter musikalischer Vordenker - doch auch mit den Ambitionen seiner jenseits-affinen Ehefrau konnte er mühelos mithalten. Und hört man Lotte Ingrisch zu, ist zu erahnen, was den Komponisten an seiner Ehefrau fasziniert haben mag: die schrankenlose Fantasie, die auch ihm nicht fremd war.

Vor über 20 Jahren ist Gottfried von Einem in seinem geliebten Waldviertel gestorben. Seine Witwe hält bis heute übersinnlichen Kontakt zu ihm, ihre Gespräche mit dem Verstorbenen hat sie im Buch "Ratte und Bärenfräulein" beschrieben. Doch in letzter Zeit sind die Stimmen aus dem Jenseits leiser geworden. Sie sei eben auch schon alt geworden, sagt Lotte Ingrisch und fügt sich gelassen dem Schicksal - dem irdischen.- Gestaltung: Christa Eder

Service

Lotte Ingrisch: "Ratte und Bärenfräulein. Meine Jenseitsgespräche mit Gottfried von Einem", Verlag Langen Müller
Lotte Ingrisch, Helmut Rauch: "Der Quantengott. Dialog über eine Physik des Jenseits", Verlag Nymphenburger
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