Ö1 Kunstsonntag: Radiokunst - Kunstradio

Akustische Rückgabe einer kurzen Aufnahme von Gerald Fiebig

"Gestohlenes Band (retourniert) / Tape Stolen and Returned" und "Akustisches Denkmal für Walter Klingenbeck" des deutschen Audiokünstlers und Lyrikers Gerald Fiebig

In Gerald Fiebigs Plattensammlung findet sich die LP "Strategien gegen Architekturen 80-83" der Einstürzenden Neubauten und auf dieser Platte gibt es auch den ganz kurzen Track "Gestohlenes Band (ORF)". Dieser ist Ausgangspunkt der radiokünstlerischen Retournierung des Bandes an den ORF und zwar genau 36 Jahre später.

Am 18. Februar 1982 nahm Blixa Bargeld während eines Interviews im ORF-Funkhaus ein Tonband aus dem Studio mit. Einen kurzen Auszug daraus platzierte er als akustisches Readymade unter dem Titel "Gestohlenes Band (ORF)" auf einer Platte seiner Band Einstürzende Neubauten. Am selben Tag genau 36 Jahre später gibt Gerald Fiebig das Band durch eine Sendung im ORF symbolisch an diesen zurück: Das nur 17 Sekunden lange Stück, von dem Bargeld behauptete, "das zentrale musikalische Element ist die Tatsache, dass es am 18. Februar 82 in Wien gestohlen wurde", wird bei Fiebig zum einzigen Ausgangsmaterial eines 19-minütigen Radiostücks. "Gestohlenes Band (retourniert)" oszilliert zwischen Remix und Neukomposition, zwischen Hommage und Parodie und wirft dabei Fragen nach dem Status von Autorenschaft, geistigem Eigentum und Medienwandel auf.

Außerdem ehrt Gerald Fiebig in "Akustisches Denkmal für Walter Klingenbeck (30/3/1924-5/8/1943)" den Widerstandskämpfer Walter Klingenbeck, der das Medium Radio gegen das NS-Regime einsetzen wollte.
Das "Akustische Denkmal für Walter Klingenbeck" basiert auf einer partizipativen Klangperformance, die Fiebig gemeinsam mit Matthias Huber entwickelte und 2006 im öffentlichen Raum in München realisiert hat.

Walter Klingenbeck wurde 1924 in München geboren und wurde 1943 - also mit nur 19 Jahren - von den Nationalsozialisten hingerichtet. Obwohl die antifaschistischen Aktionen des sogenannten Klingenbeck-Kreises noch früher stattfanden als jene der Weißen Rose, ist diese Gruppe kaum bekannt.

Das Radio, also jenes Medium, auf das Walter Klingenbeck abgezielt hat, greift Gerald Fiebig mit seinem "Akustischen Denkmal" wieder auf, um dem Vergessen des Widerstandskämpfers Walter Klingenbeck entgegenzuwirken.

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