Graffiti wird gesäubert

AP/ALEX BRANDON

Punkt eins

Übermalen! Barbarei oder politisch korrekt?

Säuberungen gegen Kunst und Freiheit. Gäste: Erika Pluhar, Schauspielerin und Schriftstellerin, KonradPaul Liessmann, Philosoph. Moderation: Rainer Rosenberg. Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79

Wer definiert eine Beleidigung, wer einen Übergriff? Was kann ein Kompliment zu einer Beleidigung machen, Bewunderung zu Verachtung, Kunst zu Blasphemie?

Das vieldiskutierte Beispiel aus Berlin: Eine Hochschule stiftet einen Lyrikpreis, das Gedicht eines Preisträgers ziert eine Außenwand und nach Jahrzehnten wird entdeckt, dass die Bewunderung von Frauen sexistisch und degradierend sein könnte, das Gedicht soll entfernt werden. Eugen Gomringer hat die Verse 1951 auf Spanisch veröffentlicht.

Übersetzt klingen sie so:

"Alleen
Alleen und Blumen
Blumen
Blumen und Frauen
Alleen
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer"

Der Löschungs-Vorgang wird besonders dann bedeutend, wenn man ihn grundsätzlich betrachtet. Zensur schreitet ein bei einem künstlerischen Text, der nur mit äußerster Fantasie als "mikroaggressiv" bewertet werden kann, während zeitgleich das Beharren auf Meinungsfreiheit in der Türkei zu lebenslänglichen Verurteilungen geführt hat.

Was gibt es Verbindendes zwischen diesen beiden Ereignissen, fragt Rainer Rosenberg seine Gäste: Erika Pluhar, die wie hunderte andere Schriftsteller/innen ein Manifest gegen die Entfernung des Gedichtes unterschrieben hat, und Konrad Paul Liessmann, der gerade in der Neuen Zürcher Zeitung über die "biederen Barbaren" und deren "Säuberungsaktionen" gegen "ästhetische Zweideutigkeiten, Provokationen, Verstörungen und Asymmetrien des Begehrens" gewettert hat.

Rainer Rosenberg spricht mit der Künstlerin und dem Philosophen über Kunst, Freiheit und Zensur.

Die Redaktion freut sich über Fragen und Statements zum Thema: Sie erreichen uns per Mail an punkteins(at)orf.at oder live während der Sendung unter der Telefonnummer 0800 22 69 79 - kostenlos aus ganz Österreich.

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Text zu Ö1 Menschenbilder über Eugen Gomringer

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