Betrifft: Geschichte

Zaumstricker und Leinweber

Das Wiener Handwerksordnungsbuch. Mit Markus Gneiß, Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Gestaltung: Isabelle Engels

Handwerker prägten das Alltagsbild des spätmittelalterlichen Wien. Neben ihrer wirtschaftlichen spielten sie aber auch eine wesentliche politische Rolle und trugen zum religiösen Leben der Stadt bei. Unter "Handwerk" verstand man im Mittelalter nicht nur manuell-technisches Gewerbe wie Schneider oder Schuster, sondern auch Dienstleister wie Köche und Kleinhändler wie Krämer.

Um die Übersicht über die ca. 100 verschiedenen Branchen und deren Statuten zu bewahren, verfasste der Stadtschreiber Ulrich Hirssauer im Jahr 1430 das umfangreiche "Wiener Handwerksordnungsbuch".

Die älteste Ordnung betrifft die Zaumstricker, also die Hersteller von Pferdegeschirr, aus dem Jahr 1364, der letzte Eintrag die Leinweber aus dem Jahr 1555.

Die 235 Blätter umfassende Handschrift enthält Ausführungen zur Ausbildung der Lehrlinge, Bestimmungen zur Arbeitszeit und Entlohnung der Gesellen und darüber hinaus Regeln für deren Trinkverhalten in der Öffentlichkeit, den Umgang mit Frauen oder das öffentliche Glücksspiel.
Weiters werden die Voraussetzungen zur Erlangung des Meisterrechts und die Anforderungen an das Meisterstück definiert.

Ein großer Abschnitt bezieht sich auf die Aufgaben der sogenannten "Zechen" - Zusammenschlüsse innerhalb eines Gewerbes oder von verwandten Handwerkssparten und wichtige religiöse und wirtschaftliche Bezugspunkte für deren Mitglieder. Das Stadtbuch liefert aber auch detaillierte Angaben zur Organisation der Wiener Marktplätze, zur Stadtverteidigung und -bewachung sowie zum Anbau und zum Ausschank von Wein - einem der wichtigsten wirtschaftlichen Faktoren für die Wiener Bürger.

Im Lauf der Zeit wurden auch zahlreiche Amts- und Bürgereide in das Buch eingetragen. Ursprünglich im Zuge von Ordnungsmaßnahmen in der Wiener Stadtkanzlei entstanden, wurde das "Wiener Handwerksordnungsbuch" zu einer der wichtigsten Quellen für die Erforschung des Lebens im spätmittelalterlichen Wien.

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