Selbstbildnis, Kopf um 1909

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Gedanken für den Tag

Johanna Schwanberg über Egon Schiele

"Schonungsloser Blick auf das Selbst". Anlässlich seines 100. Todestages beleuchtet Johanna Schwanberg, Direktorin des Dom Museum Wien, die skandalumwitterte Biografie des Ausnahmekünstlers im Wien der Jahrhundertwende - Egon Schiele. Gestaltung: Alexandra Mantler

Was für ein unglaubliches Bild, was für eine ergreifende Geschichte! Bereits als junges Mädchen hat mich bei Besuchen im Wiener Belvedere Egon Schieles Ölbild "Kauerndes Menschenpaar" aus dem Jahr 1918 fasziniert.

Obwohl ich damals noch wenig von Wiener Moderne und dem dramatischen Jahr der Entstehung dieses Bildes wusste. Aber die Emotionalität dieses in Erdtönen gehaltenen Gemäldes hat etwas in meinem Inneren zum Schwingen gebracht. Zu sehen ist ein nacktes Paar auf einem Sofa. Der Hintergrund ist düster gehalten, die Figuren leuchten in helleren Ockertönen hervor. Das Paar sitzt nicht neben, sondern hintereinander - und berührt sich nur scheinbar zufällig an marginalen Körperstellen. Der männliche Akt ist unverkennbar ein Selbstbildnis des Künstlers, die weibliche Figur stellt Edith Harms dar, mit der Egon Schiele seit 1915 verheiratet war.

Die Liebenden wirken eng verbunden und doch blicken beide in eine andere Richtung. Trotz Nähe dominieren Individualität, auch Isolation und Einsamkeit. Zu Füßen der Frau ist ein Kinderkopf zu erkennen. Er kam erst gegen Ende des Malprozesses hinzu - möglicherweise hat ihn Schiele, als er von der Schwangerschaft seiner Frau erfuhr, in die Komposition miteinbezogen.

Das Kind kam nie zur Welt. Egon Schiele, dessen Todestag sich kommende Woche zum 100. Mal jährt, starb kurz nach der Entstehung des Bildes an der Spanischen Grippe. Seine im 6. Monat schwangere Frau war einige Tage vor ihm der grausamen Krankheit erlegen. Mit diesem Wissen erscheint die melancholische Darstellung der jungen Familie geradezu visionär.

Mich berührt dieses Bild und seine Geschichte besonders, weil es zeigt, dass nichts selbstverständlich ist. Jede Form der Nähe, des Glücks, der Gesundheit hat keine Garantie auf Dauer. Genau deshalb ist es bereichernd, durch die Kunst daran erinnert zu werden, stets im Jetzt zu leben.

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Sergej Rachmaninoff
Album: RACHMANINOFF: ASHKENAZY - Klavier (CD-3)
Titel: Etude Tableau op.33 Nr.3 in c-moll
Gesamttitel: 8 Etudes Tableaux op.33 für Klavier
Solist/Solistin: Vladimir Ashkenazy /Klavier
Länge: 02:00 min
Label: London 4552342 (6-CD Box)

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