Brennende Kerze auf einem verschneiten Ast

APA/BARBARA GINDL

Gedanken für den Tag

Bischof Hermann Glettler über Stille Nacht, Heilige Nacht

"Stille Nacht, Heilige Nacht". Gedanken über ein soziales und mystisches Glaubenslied, das vor 200 Jahren komponiert wurde, macht sich Hermann Glettler, Bischof der katholischen Diözese Innsbruck. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Weihnachten ist fest mit dem Bild der Heiligen Familie verbunden. Auch im berühmtesten Weihnachtslied "Stille Nacht" wird das "traute hochheilige Paar" besungen. Für einige fast ein Kampfbild für den Erhalt von Familie, für andere eine realitätsferne Idealisierung. Die Wirklichkeit sieht ohnehin anders aus. Ich habe noch keine heile Familie erlebt.

Es gibt die großen Momente des Glücks, der Verbundenheit - Kinder, die unbeschwert heranwachsen, Jugendliche, die ihren Platz einfordern und gut "nerven" können, Eltern, die den Zusammenhalt und den größten Lernort für ein "menschliches" Menschsein organisieren. Aber es gibt auch das Scheitern des Traums, vielfältige Kränkungen und Entfremdung. "Wir haben uns jetzt scheiden lassen", berichtete mir ein 11-jähriger Bub unter Tränen. All das ist Familie, das Schöne und Belastende.

Vom "holden Knaben im lockigen Haar" wird berichtet, dass er sich als Erwachsener für eine neue Familienaufstellung entschied. Mit Blick auf die Menschen, die bei ihm waren, sagte Jesus: "Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter. (Mk 3,29-35) Jesus nimmt die Mitte einer neuen Familie ein. Zu ihr gehören Leute aus allen sozialen Schichten und Milieus - Wohlhabende und Randexistenzen, Sünder, Tiefgläubige und Zweifler, Erfolgreiche und Gescheiterte.

In der neuen Familienaufstellung Jesu entscheidet die Nähe zu ihm. Diese Nähe wird im Lied, das trotz aller Zugriffe der Verkitschung trotzt, besungen. Gottes Nähe heiligt das einfache, alltägliche Leben. Übrigens: Das neue familiäre Netzwerk Jesu reicht weit über die Grenzen einer institutionalisierten Religion hinaus. Es geht letztlich um die Menschheitsfamilie - jenseits aller beschworenen Idyllen sind wir Schwestern und Brüder. Vielleicht gelingt uns zu Weihnachten eine neue Familienaufstellung.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: John Lunn/geb.1956
Gesamttitel: CHRISTMAS AT DOWNTON ABBEY
Titel: The Downton Christmas Suite, Pt. 2 (nach Themen aus der Musik zu der Fernsehserie "Downton Abbey")
Ausführende: The Budapest City Orchestra
Länge: 03:13 min
Label: Warner Music International 256

weiteren Inhalt einblenden