David Weiss über Purim

15. März 2019, 06:56

Haman, der persische Regierungschef, warf das Los, die Befehle wurden versandt. Das jüdische Volk sollte ermordet und ausgeplündert werden. So kann man es nachlesen im biblischen Buch Ester.

Die Juden befolgten ihre Klageriten. Der König empfing niemanden in Trauer. Ihr Schicksal war besiegelt. Mordechai hätte in Sack und Asche im Palasttor sitzen bleiben und sich auf die Brust schlagen können, das üble Geschick beklagend, das ihn als rechtschaffenden Mann und guten Menschen getroffen hatte. Er hatte seinem König sogar einmal das Leben gerettet. Aber Mordechai demaskierte seinen falschen Stolz. Er hatte noch einen letzten Trumpf im Ärmel. Ohne zu zögern spielte er ihn aus: Ester, einst sein Mündel und heute die Königin, hatte ihre Herkunft bisher verschleiert. Sie hat das Blatt gewendet. Haman wurde gehenkt. Die Feinde verloren ihr Leben. Das jüdische Volk ging gestärkt aus der Krise hervor.

Krise bedeutet neben Schicksalsschlag auch "Entscheidung" und "kritischer Wendepunkt eines Krankheitsverlaufs". Im Buch Ester wird klar, die Hilfe Gottes äußert sich als Gabe der Vernunft an zivilisierte Menschen.

Als ich meine Diagnose einer unheilbaren Krankheit erfahren und ungefähr die Hälfte meines Körpergewichtes verloren hatte, fand es ein Bekannter geistreich, mich zu fragen, wo denn nun mein Gott geblieben sei? Er verstand nicht, dass ich meinen Schicksalsschlag nicht als Beweis seiner Abwesenheit begriff. Die Dinge in dieser Welt geschahen, weil sie möglich waren. Ich bezog Kraft aus der Hilfe und dem Beistand, die ich erfuhr. Von meiner Frau, lieben Mitmenschen, den Ärzten, dem medizinischen Personal und meinem Verstand, der mich die gegebenen Optionen erkennen und annehmen ließ. Auch wenn die Würfel geworfen sind, ist das Spiel immer noch offen. In der Krise steckt ein Neuanfang. Erst, wenn ich mich meinem Los ergebe, hat mich mein Gott verlassen.

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Gestaltung

• Alexandra Mantler