Die russische Flagge

AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Salzburger Nachtstudio

Der russische Sonderweg

Ideologie und Machtpolitik.
Gestaltung: Brigitte Voykowitsch

Moskaus Intervention im Kaukasus 2008, die Annexion der Krim 2014, die Unterstützung prorussische Separatisten in der Ostukraine, oder das Engagement in Syrien: Das sind nur einige Beispiele für die russische Großmachtpolitik der vergangenen zwei Jahrzehnte. Dazu kommt das Bemühen um eine Eurasische Union als Gegenstrategie zu westlichen Bündnissen.

Laut offizieller Ideologie ist Russland eine einzigartige Zivilisation, mit eigenen Werten und eigenen Interessen, ein Land, das schon aufgrund seiner Größe und seiner Ausdehnung von Mitteleuropa bis in den Fernen Osten einen Sonderstatus für sich beanspruchen könne. Nationalismus, Patriotismus und Religion vermengen sich dabei mit Elementen aus dem zaristischen und sowjetischen Erbe.

Das ist kein neues Phänomen. Seit Jahrhunderten besteht die Vorstellung von Moskau als "Drittes Rom", also von einer besonderen historischen Rolle oder Mission des Landes. Um das wahre Wesen Russlands ging es das gesamte 19. Jahrhundert hindurch in den Debatten zwischen den sogenannten Slawophilen und den "Westlern". Während letztere eine Anbindung an Europa postulierten, beharrten erstere auf der Idee einer abgetrennten slawischen Welt unter russischer Führung. Auch in der Sowjetunion wurde spätestens in den 1930er Jahren der Nationalismus zu einem wichtigen Bestandteil der offiziellen Ideologie. Daneben gab es - parallel zu den Dissidenten, die für eine Demokratisierung eintraten - auch damals bereits ultrarechte Gruppen.
Während der Perestroika Ende der 1980er Jahre erstarkten in Russland nationalistische Bewegungen, die auch auf neonazistisches Gedankengut zurückgriffen. Prominent wurde in den 1990er Jahren Wladimir Schirinowski, der internationale Grenzziehungen in Frage stellte und Korrekturen forderte, die die Unabhängigkeit von Finnland, Weißrussland und der östlichen Ukraine, aber auch von Polen bedrohten.

Der Rechtsideologe Alexander Dugin etablierte sich als Vordenker des ewigen Gegensatzes zwischen Ost und West. Ein Teil der rechten Gruppen sucht indes gezielt eine Allianz mit westeuropäischen antidemokratischen und autoritären Strömungen. Auf Seiten des Kremls orten Experten eine äußerst ambivalenten Umgang mit (ultra)rechten und nationalistischen Verbindungen, je nach aktuellen Bedürfnissen. Die Machtverhältnisse werden dabei unterschiedlich bewertet, insbesondere die Rolle der sogenannten "Silowiki", also der Geheimdienste, des Militärs und der Polizei.

Eine Sendung von Brigitte Voykowitsch

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