Ein Mann schaut durch ein Loch in der Wand

AP/SERGEY PONOMAREV

Punkt eins

Behutsame Berichterstattung statt Spektakel

Verzerrte Bilder von psychisch kranken Menschen in den Medien.
Gäste: Irene Burdich, Vorsitzende HPE Wien (Hilfe für Angehörige Psychisch Erkrankter); Petra Derler, Verein LOK Leben ohne Krankenhaus; Thomas Stompe, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Oberarzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien. Moderation: Natasa Konopitzky.
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79

Das Wissen und die Vorstellungen von psychisch kranken Menschen sind zu einem wesentlichen Teil von der medialen Berichterstattung geprägt. Obwohl schwere Gewaltdelikte, die von psychisch kranken Menschen verübt werden, äußerst selten vorkommen, sind sie in der Kriminalitätsberichterstattung deutlich überrepräsentiert. Dieser Verzerrungseffekt bezieht sich vor allem auf Menschen, die von Psychosen, Schizophrenie oder der multiplen Persönlichkeitsstörung betroffen sind. Morde von psychisch kranken Menschen bieten "neben dem Kitzel der Gewalt auch das Fremde, Unverständliche, Unberechenbare und Bedrohliche des Wahnsinns als Kehrseite der Alltagsroutine", schreibt der Psychiater Thomas Stompe. Er hat gemeinsam mit KollegInnen das Buch "Der psychisch kranke Täter in Film und Massenmedien" verfasst.

Die Medienberichterstattung hat Auswirkungen auf das Leben von psychisch kranken Menschen, sagt Irene Burdich. Sie ist Vorsitzende von HPE Wien (Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter) und Angehörige eines psychisch erkrankten Familienmitglieds. Abgesehen von der Kränkung verstärken negative Medienberichte Vorurteile in der Bevölkerung und können auch zu einem Hemmschuh werden, rechtzeitig medizinische Hilfe aufzusuchen.

Auch Petra Derler kritisiert die wenig differenzierte und oft klischeehafte Darstellung von psychisch kranken Menschen in den Medien. Sie hat selbst Erfahrung mit psychischen Erkrankungen und ist Leiterin des Teams EX-IN beim Verein LOK Leben ohne Krankenhaus. Bei dem Projekt begleiten Menschen, die psychische Krisen durchlebt haben, andere mit ähnlichen Erfahrungen. Petra Derler wünscht sich mehr Behutsamkeit und Langsamkeit von Seiten der MedienvertreterInnen. Zum Beispiel, wenn über Gewalttaten berichtet wird. Da komme es oft viel zu schnell zu Spekulationen über die Psyche des mutmaßlichen Täters.

Natasa Konopitzky spricht mit Irene Burdich, Petra Derler und Thomas Stompe über ausgewogene und unausgewogene Darstellung von psychisch kranken Menschen in Massenmedien und Film. Wenn Sie sich in der Sendung beteiligen möchten: Rufen Sie an unter 0800 22 69 79 - kostenlos aus ganz Österreich - oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at.

Service

Thomas Stompe, Hans Schande (Hrsg.): Der psychisch kranke Täter in Film und Massenmedien. Wien/Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2019.

HPE, Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter

EX-IN Österreich, Experten durch Erfahrung in der Psychiatrie

Sendereihe

Playlist

Urheber/Urheberin: Mathias Loibner
Titel: Sons de Carillhoes
Ausführender/Ausführende:

Mathias Loibner
Länge: 04:23 min
Label: Traumton records

Urheber/Urheberin: Mathias Loibner
Titel: Balkany Flowers
Ausführender/Ausführende: Mathias Loibner
Länge: 05:06 min
Label: Traumton Rec.

Urheber/Urheberin: Mathias Loibner
Titel: Eyes of Sea
Ausführender/Ausführende: Mathias Loibner
Länge: 04:39 min
Label: Traumton Rec.

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