Medizin und Gesundheit

Vernachlässigt und gefährlich

Tropenkrankheiten

Vor wenigen Wochen gab es erstmals den "Tag der neglected tropical diseases" (kurz NTDs). Darunter zählen - je nach Quelle - bis zu 20 Krankheiten, die vor allem in den ärmeren Regionen der Welt unzählige Todesopfer fordern. Einige davon, wie das Dengue Fieber und die Malaria, werden die Tropen bald "verlassen" und aufgrund der Klimaerwärmung auch Europa wieder mal einen längeren Besuch abstatten.

Wirklich bedeutsam

Es ist eine Ironie der Medizingeschichte, dass zum selben Zeitpunkt Anfang 2020 weltweit ein neuer Corona-Virusstamm für Aufregung und Verunsicherung sorgt. Denn die Erreger der oftmals tödlich endenden Tropenkrankheiten sind seit vielen Jahrzehnten bekannt. Und während derzeit von allen Forschungseinheiten und Pharmafirmen fieberhaft an einer Impfung und an Medikamenten gegen COVID-19 gearbeitet wird, kümmern sich nur wenige Forschungsinstitute um die vielen Millionen Sterbenden in den armen Ländern dieser Welt.

Die Liste der Vernachlässigten

Bereits die Krätze kann in manchen Regionen dieser Erde für viele Menschen tödlich enden. Durch die aufgekratzten Hautstellen dringen Erreger in den Körper ein und wenn das Immunsystem geschwächt ist, kann es keinen Widerstand leisten.
Einige für die ansässige Bevölkerung wichtige Tropenkrankheiten sind: Flussblindheit, Schlafkrankheit, Bilharziose, Lepra, Leishmaniose oder Trachom. Die Verursacher sind Würmer, Einzeller, Bakterien und andere Parasiten. Übertragen werden die Krankheiten durch verunreinigtes Wasser, winzige Krebse, Mücken, Fliegen oder durch direkten Kontakt.

Zahlen mit Gesichtern

Etwa 1,5 Milliarden Menschen sind durch die vernachlässigten Erkrankungen bedroht.
Bis 2030 - so das ehrgeizige Ziel der WHO - sollen sie ausgerottet sein.
Neben den schwer zu behandelnden tödlichen Drei - TBC, Malaria und HIV - gibt es viele an sich leicht zu verhindernde Infektionen, die ganze Landstriche betreffen.

Fadenwürmer graben sich durch die Haut

Ein Beispiel ist der Medinawurm. Über unaufbereitetes Trinkwasser erreichen die Wurmlarven, die sich in winzigen Ruderfußkrebsen befinden, den Magendarmtrakt. Dort wachsen die weiblichen Würmer bis zu einer Länge von einem Meter heran. Dann nisten sie sich im Unterhautgewebe der Füße ein und führen zu sehr schmerzhaften Geschwüren. Die traditionelle Weise, diesen Fadenwurm zu entfernen, ist das Geschwür zu öffnen, um ein Ende des Wurms um ein Stück Holz zu wickeln. Über viele Tage oder sogar Wochen hinweg wird der Wurm dann vorsichtig Zentimeter um Zentimeter aus der Wunde "herausgewickelt". Zerreißen sollte er auf keinen Fall.
Der Medinawurm führt zwar meist nicht zum Tod - aber die betroffene Person kann lange Zeit zum Beispiel nicht mehr am Feld arbeiten - was für sie und ihre Familie den Hungertod bedeuten kann.
Die Lösung dieses Problems ist simpel: Würde man das Trinkwasser einfach durch ein Baumwolltuch filtern, würden die Ruderfußkrebse darin hängenbleiben und der Medinawurm könnte besiegt werden.

Einfache Wege, die nicht beschritten werden

Mit ähnlich einfachen und billigen Maßnahmen ließen sich viele der gefährlichen Krankheiten verhindern. Doch dagegen stehen die noch immer vorherrschende Armut in vielen Teilen Afrikas, die mangelnde Aufklärung in abgelegenen Gebieten und das fehlende (inter-)nationale, politische Engagement. Mehr als 280 Organisationen, Institutionen und Unternehmen wollen das ändern. Sie haben den 30. Jänner 2020 zum ersten Tag der sogenannten "vernachlässigten tropischen Krankheiten" ausgerufen. Die dadurch erregte Aufmerksamkeit soll dazu beitragen, dass diese 20 Krankheiten ausgerottet werden - auch in Afrika!

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger
Sendungsvorbereitung: Dr. Christoph Leprich und Johanna Hirzberger, MA. MA.

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Waren Sie schon einmal von einer tropischen Krankheit betroffen?

Wie wurde die Krankheit behandelt?

Wie bereiten Sie sich vor, wenn Sie in entsprechende Länder reisen?

Wurden Sie vor der Reise geimpft?

Welche weiteren Schutzmaßnahmen wurden getroffen?

Haben Sie oder ein Angehöriger an einem Hilfsprojekt gegen Tropenkrankheiten teilgenommen?

Wie waren Ihre Eindrücke und Erlebnisse?

Service

Studiogäste im Funkhaus Wien:

Prim. MR. Dr. Klaus Täuber
Pensionierter Facharzt für Innere Medizin
Ehemaliger Primarius im Krankenhaus St. Josef Braunau
In den letzten 13 Jahren sieben Einsätze mit Ärzte ohne Grenzen.
E-Mail

Univ.-Doz.in Dr.in Ursula Hollenstein
Fachärztin für Innere Medizin, Zusatzfach für Infektiologie und Tropenmedizin
ehemalige Oberärztin an der Universitätsklinik für Innere Medizin
I/Abt. für Infektiologie (AKH Wien)
Favoritenstraße 32
1040 Wien
Tel.: +43/1/5056446
E-Mail
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Per Telefon aus Kenia zugeschaltet:

Susanne Duff-MacKay, PhD
Apothekerin in Kenia
5027, 80401 Diani Beach, Kenya
Tel.: 05574 - 623 8 88
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Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Ärzte ohne Grenzen
Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Österr. Gesellschaft für Tropenmedizin, Parasitologie und Migrationsmedizin
Dr. Täuber als ältester Mediziner bei Ärzte ohne Grenzen
Übersicht der Tropenerkrankungen
Vergessene Tropenkrankheiten
Liste der 20 vernachlässigten seltenen Tropenkrankheiten
Erster Tag der tropischen Krankheiten am 30.1.2020
Drugs for Neglected Diseases initiative (Internationale Organisation, die sich der Entwicklung von Therapien für vernachlässigte Erkrankungen verschrieben hat)
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Globale Gesundheit
Die Londoner Deklaration zur Ausrottung von Tropenkrankheiten

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