Die deutsche Schauspielerin Martina Gedeck mit Filmhund während einer Szene

APA/COOP99/A.KOWATSCH

Gedanken für den Tag

Julian Pölsler über Marlen Haushofer

"Ein neues Leben in der fremden Welt". Julian Pölsler, Regisseur und Drehbuchautor, greift Aspekte aus dem Film "Die Wand" heraus und stellt seine persönlichen Assoziationen und Gedanken dazu vor

Die oberösterreichische Schriftstellerin Marlen Haushofer schreibt in ihrem Roman "Die Wand" über Angst und ihre Überwindung:

"Ich schreibe nicht aus Freude am Schreiben; es hat sich eben so für mich ergeben, dass ich schreiben muss, wenn ich nicht den Verstand verlieren will. Es ist ja keiner da, der für mich denken und sorgen könnte. Ich bin ganz allein, und ich muss versuchen, die langen dunklen Wintermonate zu überstehen.

Ich habe diese Aufgabe auf mich genommen, weil sie mich davor bewahren soll, in die Dämmerung zu starren und mich zu fürchten. Denn ich fürchte mich. Von allen Seiten kriecht die Angst auf mich zu, und ich will nicht warten, bis sie mich erreicht und überwältigt. Ich werde schreiben, bis es dunkel wird, und diese neue, ungewohnte Arbeit soll meinen Kopf müde machen, leer und schläfrig. Den Morgen fürchte ich nicht, nur die langen, dämmrigen Nachmittage".

Marlen Haushofer hat in ihrem Roman "Die Wand" - und nicht nur da - gegen die Angst angeschrieben. Zeit ihres Lebens ist sie das Gefühl nicht los geworden, dass sie mit geschlossenen Augen auf dem Rücken schwimmend auf die großen Wasserfälle zutreibt, die in der Ferne rauschen. Wie ich auch. Die Frage ist: Will ich diese Angst wahrhaben? Was tun mit ihr? Wie ihr Herr werden? Womit sie überwinden? Wie diesen Tag beginnen, wenn die Angst mit mir aufwacht und alles ins selbe Dunkel taucht. Sie einfach abschütteln? Sie hinunterdrücken? Vor ihr davonlaufen, hinein in den Tag? Gegen sie anschreiben? Gegen sie anbeten, wie Christus im Garten Getsemani? Oder gegen sie andenken? Nachdenken, darüber, ob diese Angst mich nicht vielleicht davor bewahrt, blind ins Unglück zu laufen. Nicht Angst zu haben vor einer Angst, die mich nur warnen will vor zu viel Zuversicht, die dem Leichtsinn nahe kommt.

Dessen eingedenk sein, was so treffend in einem Liedtext formuliert wurde: "Und es gibt eine Angst, die macht klein, die macht einen krank und allein. Und es gibt eine Angst, die macht klug, mutiger, freier von Selbstbetrug."

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: BACH: SONATEN U.PARTITEN FÜR VIOLINE SOLO BWV 1001-1006 - J.Fischer
* Largo - 3.Satz (00:03:53)
Titel: Sonate für Violine Nr.3 in C-Dur BWV 1005
Violinsonate
Solist/Solistin: Julia Fischer /Violine < Jean Baptiste Guadagnini, 1750 >
Ausführender/Ausführende: Julia FISCHER/geb.1983 München
Länge: 03:53 min
Label: PentaTone classics 5186072 (2

weiteren Inhalt einblenden