Zinovjev, Mozart, Schumann

27. Mai 2020, 14:05

Mehr Meilen im Sattel

"Begabung, Intellekt und Instinkt - alles da", schrieb vor zwei Jahren eine kanadische Kritikerin nach einem Konzert unter der Leitung des Dirigenten Klaus Mäkelä. Der 22-jährige Finne brauche "nun noch was jeder beeindruckende junge Künstler benötigt, um sich zu entwickeln: mehr Meilen im Sattel." Sowohl Sattel als auch Meilen haben Mäkelä mittlerweile mehr als 20 Spitzenorchester zur Verfügung gestellt. Seit 2018 ist der Finne erster Gastdirigent des Schwedischen Radiosinfonieorchesters, ab Herbst 2020 Chefdirigent des Oslo Philharmonic Orchestra. Beide Orchester werden nicht müde zu verkünden, Mäkelä sei der jüngste Dirigent in der Geschichte ihres Orchesters, der diese Position jemals innehatte. Zudem ist er "Artist in Association" der Tapiola Sinfonietta und Künstlerischer Leiter des Turku Music Festival. Gelernt hat er das Dirigentenhandwerk bei Jorma Panula an der Sibelius Akademie Helsinki.

Vom Klassik-Saulus zum Klassik-Paulus

Neben Werken des sogenannten etablierten "Repertoires" hat Mäkelä viele Uraufführungen übernommen, darunter Werke von Unsuk Chin, Mette Henriette und, in Lausanne, "Un Grande Sospiro" seines finnischen Landsmanns Sauli Zinojev. Die Partitur des einsätzigen Orchesterwerks "Un grande sospiro" schmückt eine Reproduktion von Edvard Munchs Gemälde "Skrik" (Der Schrei); ursprünglich hätte das Gemälde ja "Der Schrei (oder das Schreien) der Natur" heißen sollen. Auf Zinovjevs Website erfährt man, dass er bis zum Alter von 16 Jahren "Gitarre in einer Rockband" spielte und leidenschaftlicher Skateboarder war. Dann machte ihm ein Online-Videoclip des Pianisten György Cziffra "mit einem Werk von Liszt die Kraft der klassischen Musik" bewusst. "Auf der Stelle" beschloss er, "klassische Musik" zu seinem "Mittel der Verständigung" zu machen.

ICMA-Künstler des Jahres 2019

Solist des Konzerts war Javier Perianes. 2019 wurde der 41-jährige spanische Pianist von einer 17-köpfigen internationalen Fachjury der ICMA (International Classical Music Awards) zum "Künstler des Jahres 2019" gewählt.

Schumanns "eigentlich" 2. Symphonie

Die vier gerade noch erkennbaren Sätze von Robert Schumanns 2. Symphonie, die er als "Symphonische Fantasie" konzipiert hatte, wurden ohne Pausen gespielt. Beim Publikum der Uraufführung kam das 1841 gar nicht gut an. Er ließ das Werk zunächst nicht veröffentlichen und beschloss eine Überarbeitung. Nach dem Erfolg seiner "Rheinischen" erschien 1853 die d-Moll-Symphonie als Nr. 4. Der größte Unterschied der 1851 uraufgeführten 2. Fassung ist eher nicht formaler Natur, sondern findet sich in kompakteren Stimmengruppen. Der Klangcharakter der ersten wirkt transparenter, weil viele Passagen solistisch instrumentiert sind. Das "getragenere" Tempo der 2. Fassung erklärt sich der Oboist und Dirigent Heinz Holliger mit "Schumanns Krankheit, die den Komponisten langsam gemacht" habe.

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger