Alexander Tschernek

ROMESH PHOENIX

Gedanken für den Tag

"Selbstgehegeltes" von Alexander Tschernek

Zum 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831) beginnt Alexander Tschernek, Schauspieler und Gestalter der Reihe "Philosophie Pur", sich in Hegels Werk einzulesen

Philosophie lese ich sonst gerne pur. Jetzt greife ich in meiner Not, Hegel verstehen zu wollen, zur Sekundärliteratur. Ich kann da jedem Wilhelm Weischedels "Die philosophische Hintertreppe" empfehlen. Von Thales bis Wittgenstein verständniserleichternde Porträts der Philosophie-Geschichte.

Darunter auch Hegel - und nebenbei bemerkt: nur Männer wieder mal, keine Frau...! Fasziniert lausche ich also, wie er Hegel dort als "Weltgeist in Person" beschreibt und in klaren, einigermaßen nachvollziehbaren Worten sein System, seine Dialektik erklärt. Und dass in diesem System der Thesis, Antithesis und Synthesis auch ein Welt- und Gottesverständnis zu finden sei.

Grundsätzlich misstraue ich Systemen und Mustern, die über alles gelegt werden sollen und dann mehr oder weniger schematisch alles erklären und begründen können sollen. Laut Hegel ist also Gegenstand der Philosophie "nichts anderes als Gott und seine Explikation", und wenn das Absolute der Geist ist, dann müsse schließlich Gott der absolute Geist sein, der gemäß des dialektischen Systems in einer "versöhnten Rückkehr aus einem anderen zu sich selbst findet". Gott also, der sich in der Schaffung der Welt und des Menschen entfremdet, sich in uns hinein-projiziert, um sich schließlich selbst zu verstehen und mit sich selbst zu versöhnen...?! So weit ich verstanden habe.

Und wenn wir Menschen die ganze Wirklichkeit als Darstellung des göttlichen Geistes begriffen haben, dann habe die Gottheit aus dem Abenteuer ihres Weltwerdens und ihrer Zerissenheit wieder zu sich selber zurückgefunden...!

Das habe ich mir schon oft gedacht, dass Gott mit der Schöpfung des Menschen ein großes Experiment gewagt hat - ergebnisoffen, wie man heute so sagt. Und wenn Gott tatsächlich eine Zerrissenheit erleben kann, dann muss er sympathischerweise eigentlich auch zweifeln können, auch und obwohl er in den sieben Schöpfungstagen immer gesehen hat, "dass alles gut war!" Damit wäre ich hopplahopp beim Baum der Erkenntnis und der Unterscheidung von Gut und Böse und der Vertreibung aus dem Paradies gelandet... Ob ich mich damit aber in die "richtige Richtung" gehegelt habe, wage ich zu bezweifeln...

Service

Wilhelm Weischedel , "Die philosophische Hintertreppe", dtv 1977

Alexander Tschernek
Vimeo Teaser "Selbstgehegeltes"
Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus im Volltext in der Bibliotheca Augustana

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Carla Bley
Album: DUETS
Titel: Reactionary tango - parts 1/2/3 /instr.
Solist/Solistin: Carla Bley /Piano
Solist/Solistin: Steve Swallow /Bass
Länge: 08:43 min
Label: ECM 8373452

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