Medizin und Gesundheit

Impfung gegen Corona

Die lichtumflorte Spritze am Ende des Tunnels - Zu gut, um wahr zu sein...?

In wenigen Wochen sollen die ersten Impfstoffe gegen COVID-19 in der EU zugelassen werden. In beschleunigten, jedoch, wie betont wird, deshalb nicht weniger sicheren Zulassungsverfahren. Seit Beginn der Pandemie sind weltweit mehr als 190 Impfstoffkandidaten angetreten, um die Marktreife zu erlangen. Rund 42 befinden sich in klinischen Studien, 10 davon in Phase III. Allerdings stehen diese "teleskopierten" Zulassungsverfahren in der Kritik: Die Geschwindigkeit gehe auf Kosten der Sicherheit. Immerhin dauert die Entwicklung eines Vakzins normalerweise viele Jahre, so überhaupt ein wirksames Serum gefunden werden kann.

Fragliche Nebenwirkungen

Mögliche Langzeitschäden lassen sich nun erst in Post-Marketing-Studien erkennen, wenn das Mittel längst im Umlauf ist. Immerhin handelt es sich etwa bei den mRNA-Impfstoffen um völlig neue, bislang noch nie am Markt erprobte Präparate. Der Umweltmediziner Hans-Peter-Hutter vertraut dabei jedoch auf das sorgsame Vorgehen der Behörden bei der Überprüfung der von den pharmazeutischen Unternehmen kolportierten Daten: "Wenn hier bei den Studien grob fahrlässig gehandelt oder geschummelt worden wäre, so sollten das die Kontrollinstanzen erkennen." Allerdings kann sich damit der Zeitpunkt bis zur endgültigen Zulassung deutlich nach hinten verschieben. Ein wenig Geduld sei also noch angezeigt.

Noch gibt es kaum veröffentlichte Daten

Es gibt bisher noch keine Details zu den Studien. Das ist ziemlich ungewöhnlich und den "rolling reviews", also den begleitenden Überprüfungen der Arzneimittelzulassungsbehörden geschuldet. Denn deren Experten sind zur Schweigsamkeit verpflichtet.
Die wissenschaftliche Community wartet also gespannt und auch schon etwas ungeduldig auf die Datensätze der Studien. Denn fast alle wichtigen Fragen sind noch ungeklärt.
Welche gefährdeten Personengruppen sind durch die Impfstoffe besonders oder eben auch nicht geschützt? Werden Infizierte nach einer Impfung "nur" einen milderen Krankheitsverlauf haben oder werden sie die Viren auch nicht mehr weiterübertragen können? Wie lange wird der Impfschutz andauern?

Verschiedene Verfahren

Im Gegensatz zu den bisher gängigen Impfstoffen, bei denen abgeschwächte oder abgetötete Viren, bzw. Erregerbestandteile injiziert werden, greift man bei den neuen Impfstoffen auf andere Verfahren zurück. So wird bei den mRNA-Impfstoffen ein genetischer Bauplan geimpft (Botenstoff-RNA), der dafür sorgt, dass körpereigene Zellen das Spike-Protein des Virus selbst herstellen. Auf diese Weise erkennt das Immunsystem das fremde Eiweiß und bildet - wie bei allen aktiven Impfungen - Antikörper. Im Fall des Vektorimpfstoffes (der bereits gegen Ebola eingesetzt wurde) wird ein modifiziertes Adeno-Virus injiziert, das das genetische Material in den Zellkern einbringt.

Wer macht das Rennen?

Zwei Kandidaten, der Vektorimpfstoff AZD1222 (Uni Oxford/Astra Zeneca) und das biotechnologische mRNA-Präparat BNT162b2 (Biontech/Pfizer) wurden bereits in einem Rolling-Review der Europäischen Zulassungsbehörden im Schnellverfahren getestet. Wobei die Daten der Studien von Uni Oxford/Astra Zeneca nicht ausreichen, um eine sofortige Zulassung zu erhalten.

Zwei weitere RNA-Impfstoffe (mRNA-1273, Moderna und CVnCov, CureVac) sind ebenfalls vorne mit dabei. Die US-Firmen Moderna und Pfizer mit ihrem deutschen Partner Biontech stellten nun einen Zulassungsantrag in der EU. Bis spätestens 29. Dezember will die EMA das Prüfungsergebnis bekanntgeben. Im Gegensatz zu den USA gibt es in Europa die Notfallzulassung nicht. Allerdings kann mittels "Conditional marketing authorisation" eine bedingte Zulassung erfolgen, bei der die Firma an bestimmte Auflagen gebunden ist und Daten nachliefern muss.

Logistische Herausforderung

Bezüglich des Ankaufes von ausreichend Impfdosen für die Bevölkerung spricht Clemens-Martin Auer, Sonderbeauftragter des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales, von einem historisch einzigartigen gemeinsamen Vorgehen der Europäischen Staatengemeinschaft. In einem koordinierten Beschaffungsprozess haben die 27 Staaten Vorverträge mit den Herstellern potentieller COVID-19-Impfstoffe abgeschlossen. Parallelverhandlungen zwischen Firmen und Einzelstaaten soll es dabei nicht geben. Haben ein oder mehrere Präparate die EU-Zulassung erhalten, werden sie bei Verfügbarkeit gleichzeitig in den Mitgliedsländern verteilt. Nach Bevölkerungsschlüssel stehen Österreich damit 2 Prozent, bzw. rund 6 Millionen Impfdosen zur Verfügung.
Wie viele Personen sich letztlich impfen lassen, steht indes auf einem anderen Blatt geschrieben.

In der aktuellen Ausgabe des Radiodoktors versucht Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos mit ihren Gästen die aktuellen Fragen zur heiß ersehnten Impfung zu beantworten und eine Bestandaufnahme der derzeitigen Lage zu geben.

Moderation: Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos
Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal u. Dr. Christoph Leprich

Service

Gast im Studio:

OA Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter
Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie
Stv. Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin
Zentrum für Public Health
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
A-1090 Wien
Tel.: +43/1 40160/34901
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Homepage

Am Telefon:

Ao. Univ.-Prof.in Dr.in Heidemarie Holzmann
Fachärztin für Klinische Mikrobiologie u. Hygiene
Zentrum für Virologie
Medizinische Universität Wien
Kinderspitalgasse 15
A-1090 Wien
Tel: +43/1 40160 - 65514
E-Mail
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Univ.-Prof. Dr. Hans-Georg Eichler
Klinischer Pharmakologe
Chefmediziner der europäischen Arzneimittelbehörde EMA
European Medicines Agency - EMA
Domenico Scarlattilaan 6
1083 HS Amsterdam
Niederlande

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Österreichischer Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH)
Schnell oder sicher? (Clemens Arvay, Addendum 2020)
Corona: Wie sicher und wirksam sind die Impfstoffe? (NDR, 2020)
Europäische Arzneimittelagentur (EMA)
Food & Drug Administration (FDA)
Expertencheck der Meduniwien rund um das Thema Corona
Zweiter Zulassungsantrag: Impfstoff kommt jetzt in Riesenschritten (Kurier 12/2020)

Bücher:

Clemens G. Arvay, "Wir können es besser: Wie Umweltzerstörung die Corona-Pandemie auslöste und warum ökologische Medizin unsere Rettung ist", Quadriga Verlag 2020

Bert Ehgartner, "Gute Impfung - Schlechte Impfung: Der umfassende Ratgeber", Ennsthaler 2019

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