Arbeitslose demonstrieren vor der Oper

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Radiokolleg - Tanz auf dem Vulkan

Die goldenen 1920er-Jahre (3). Gestaltung: Michael Liensberger, Robert Weichinger, Sabrina Adlbrecht, Thomas Mießgang, Marie-Therese Sekwenz

Der kurze Traum der Selbstbestimmung
Auf einmal trugen sie kurze Haare, waren stark geschminkt, rauchten in der Öffentlichkeit Zigaretten und tranken Alkohol. Sie schälten sich aus Miedern und Korsetten, trugen luftige, kurze Kleider und gingen allein tanzen - In den 1920er Jahren änderten Frauen ihr Verhalten und Aussehen ganz grundlegend. Hintergrund war der gesellschaftliche Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg: Weil Männer als Arbeitskräfte und Versorger fehlten, mussten sich viele Frauen selbst um ihren Unterhalt kümmern: So arbeiteten junge, ledige Frauen als Sekretärinnen, Journalistinnen oder Autorinnen. Erst kurz zuvor war Frauen in den jungen Demokratien Mitteleuropas auch das aktive und passive Wahlrecht zugestanden worden.
Insgesamt ist die Zeit geprägt von Zuversicht und Lebensfreude. Cafés, Theater und Varietés entstehen, das Nachtleben in den Metropolen ist freizügig-exzessiv. Tatsächlich "golden" sind die im Nachhinein so titulierten Zwanzigerjahre für die wenigsten Menschen: Die Lage ist insgesamt gefährlich instabil, und 1923 vernichtet die Hyperinflation die Ersparnisse weiter Bevölkerungsteile.
Weibliche Idole dieser Zeit sind Hollywood-Stars wie Louise Brooks und Gloria Swanson, Künstlerinnen wie Kiki de Montparnasse, die Tänzerin Josephine Baker und Coco Chanel, die mit ihrer Mode Frauen einen neuen Weg eröffnet. Neben Berlin, Paris, London und New York entwickelt sich auch Wien zu einem Versuchslabor, in dem mit Neuerungen in vielen Kunst- und Lebensbereichen experimentiert wird. Allerdings sind viele der weiblichen Kulturschaffenden von damals heute längst vergessen. So plötzlich, wie sie begonnen hatten, enden die "Goldenen Zwanzigerjahre" auch. Auf den New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 folgt eine Weltwirtschaftskrise, die sozialen Konflikte verschärfen sich, und es kommt zu einer politischen Radikalisierung, die letztlich in den Nationalsozialismus mündet. Damit endet vorerst auch für die Frauen der Traum von einem selbstbestimmten Leben.
Gestaltung: Sabrina Adlbrecht

Service

LITERATUR/-LINKS:

Bleitner, Thomas: Frauen der 1920er Jahre. Glamour, Stil und Avantgarde (insel taschenbuch). Insel Verlag, Berlin, 2017.
ISBN: 978-3-458-3626-3.

Haustedt, Birgit: Die wilden Jahre in Berlin Eine Klatsch- und Kulturgeschichte der Frauen. Ed. Ebersbach, Berlin, 2002. ISBN: 393178259X.

Lazar, Maria: Die Vergiftung, ngiyaw-ebooks.


WEITERE LINKS:

Antiheldin - Das Frauenbild in den 20ern - die ersten unabhängigen Frauen

Austria-Forum - Der radikale Schnitt - Bubikopf

Transdisziplinäre Konstellationen in der österreichischen Literatur, Kunst und Kultur der Zwischenkriegszeit

Marianne Pollak: Vom Reifrock zum Bubikopf. Revolution und Mode

Claire Patek: So sieht die schöne Frau von heute aus

Lili Grün: Mit schlechtem Geburtsdatum auf eigene Facon selig werden

Joe Lederer - Von Evelyne Polt-Heinzl

1924: Frank Wedekind: "Franziska"

Claire Bauroff: Die Arbeit der Tänzerin

Felix Salten: Der unanständige Tanz

Porges, Friedrich

Wiener Frauenakademie (WFA)

Adalbert F. Seligmann: Die Frau als Künstlerin (1930)

Lazar, Maria


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