Mäkelä sammelt Meilen mit Mozart und Widmann

13. Jänner 2021, 14:05

Mehr Meilen im Sattel

"Begabung, Intellekt und Instinkt - alles da", so vor drei Jahren eine kanadische Kritikerin über den Dirigenten Klaus Mäkelä. Der 22-jährige Finne brauche "nun noch was jeder beeindruckende junge Künstler benötigt, um sich zu entwickeln: mehr Meilen im Sattel." Sowohl Sattel als auch Meilen haben Mäkelä mittlerweile mehr als 20 Orchester zur Verfügung gestellt. Seit 2018 ist der Finne erster Gastdirigent des Schwedischen Radiosinfonieorchesters, seit Herbst 2020 Chefdirigent des Oslo Philharmonic Orchestra. Beide Orchester werden nicht müde zu verkünden, Mäkelä sei der jüngste Dirigent in der Geschichte ihres Orchesters, der diese Position jemals innehatte. Zudem ist er "Artist in Association" der Tapiola Sinfonietta und Künstlerischer Leiter des Turku Music Festival. Gelernt hat er sein Handwerk beim mittlerweile 90-jährigen Jorma Panula.

Mozart und Widmanns Beethoven-Reverenz

Mozarts Sinfonia Concertante und Symphonie Nr. 39 stellte Mäkelä im Beethoven Jahr 2020 Jörg Widmanns "Con brio" aus dem Jahr 2008 voran. Auf Anregung des Dirigenten der Uraufführung, Mariss Jansons, bezieht sich der deutsche Klarinettist und Komponist auf Charakteristika der Symphonien 7 und 8 von Beethoven: "schnelle Bewegungstypen" etwa.
Ohne Erläuterung des Komponisten mag "Con brio" wie eine Parodie auf eine traditionelle festlich-feierliche Ouvertüre und nicht enden wollende Finalanläufe sich anhören. Widmann würde dem Höreindruck zustimmen, aber als Parodie war das "mit grimmigen Scherzo-Elementen" gespickte Werk nicht gedacht. Er sei nach "einigem respektvollen Zögern von einer wahren Begeisterung erfasst worden." Widmann greift auf die Tonarten der beiden Symphonien (A und F) zurück, "um mit der Terzverwandtschaft `f-a` zu spielen."
"Harmonisch passiert so viel auf engstem Raum - man muss es einfach ein zweites Mal hören, um die kleinen Unterschiede wahrnehmen zu können. Auch in rhythmischer Hinsicht gehe ich auf die Musiksprache Beethovens ein. So verwende ich zum Beispiel dessen Prinzip, die ´Eins´, also die betonte erste Zählzeit, durch schroffe Akzente auf unbetonten Zählzeiten auszuhebeln."


Dekonstruktivist dekonstruiert Dekonstruktivisten

Widmann interessiert sich zudem "für Schnitte und Brüche viel mehr als für reibungslos funktionierende Übergänge." So stehe in diesem mittlerweile oft gespielte Werk "blockhaftes Denken im Vordergrund." Er beziehe sich sogar auf Beethovens "Dekonstruktionsarbeit. Beethoven spielt in der Achten Symphonie mit dem Haydnschen Formmodell, er setzt Blöcke zusammen, deutet Reprisen an und schreibt ein Menuett über ein Menuett oder einen Schluss über einen Schluss. Er hinterfragt den Finalsatz, indem er den Finalgestus auf banale Weise betont."

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger

Übersicht

• Ö1 Bühne