Phil Spector

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Schöpfer der "Wall of Sound" im Gefängnis gestorben

Musik aus allen Richtungen mit Michael Neuhauser. Phil Spector ist tot. Rückblick auf die visionären Alleingänge eines egomanischen Produzenten

Er war einer der eigenwilligsten, visionärsten und erfolgreichsten Musikproduzenten des 20. Jahrhunderts. Und er war gleichzeitig eine der seltsamsten und unberechenbarsten Künstlerpersönlichkeiten im Pop-Geschäft. Am 16. Jänner ist Phil Spector 81-jährig gestorben - und zwar im Gefängnis, wo der notorische Waffennarr die letzte Dekade seines Lebens wegen Mordes an der Schauspielerin Lana Clarkson verbrachte.

Phil Spectors Einfluss auf die Musikgeschichte kann kaum überschätzt werden: Er brachte Rock'n'Roll und Soul zusammen und ließ lateinamerikanische Percussion einfließen. Vor allem aber entwickelte er neuartige Klangideale, die er mit unkonventionellen Aufnahme- und Mixing-Methoden zu verwirklichen wusste. Dass er beispielsweise für die Aufnahme des 1971 von George Harrisons organisierten "Concert for Bangladesh" gleich 44 Mikrophone auf der Bühne platzierte, kann für die damalige Zeit als geradezu revolutionär gelten. Seine visionären Konzepte entwickelte Spector aber schon als Zwanzigjähriger. Nachdem er 1958 noch selbst als Musiker in Erscheinung getreten war und mit seiner Band The Teddybears den Nummer-eins-Hit "To know him is to love him" gelandet hatte, wechselte er bald auf die andere Seite der Glasscheibe im Studio.

Nicht einfach Rock'n'Roll Songs wollte Phil Spector produzieren, sondern "little symphonies for the kids", wie er es nannte. Das ist ihm gelungen. Allein zwischen 1960 und 1965 landete der innovative Produzent über 25 Top-40-Hits in den USA, allesamt unverwechselbar in ihrem Sound, und darunter zahlreiche Songs, die auch heute noch wie selbstverständlich unser Leben begleiten - "Songs that last three minutes and forever", wie es Musikjournalist Kurt Loder im "Rolling Stone Magazine" einmal treffend ausdrückte.

Die grandiosen Girlie-Bands The Crystals und The Ronettes verdanken wir ihm ebenso wie die größten Hits der Righteous Brothers oder Tina Turners "River Deep - Mountain High", aber natürlich auch John Lennons und George Harrisons erste Platten als Solokünstler und das offiziell letzte Beatles-Album "Let it Be". Nicht klar und transparent wollte Phil Spector die von ihm veredelte Musik klingen lassen, sondern eindringlich und massiv. Nur der Gesamtklang war ihm wichtig, nicht die einzelnen Instrumente; die verschwimmen ununterscheidbar im monströsen Mix der unzähligen Tonbandspuren, auf denen Spector oft gleich mehrere Takes ein- und derselben Instrumente nebeneinander montierte. Vervielfältigte Gitarren und Klaviere, dröhnende Drums mit viel Echo, Bläser, Streicher, Backgroundgesang - Horror Vacui als musikalisches Erfolgsrezept! Wie eine kompakte Mauer sollte die Musik dastehen.

Unter dem Begriff "Wall of Sound" ist sein innovatives Klangideal denn auch in die Geschichte eingegangen. Da war es nur konsequent, dass der Pionier Spector altmodisch und skeptisch war, wenn es um die damals noch junge Stereophonie ging: zwei Lautsprecher mit unterschiedlichen Signalen konnten seiner Überzeugung nach keine kompakte Klangmauer bilden. Er aber wollte, dass seine Hits auch ein billiges Küchenradio in eine Disco verwandeln. Und das tun sie bis heute.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: John Lennon
Komponist/Komponistin: Phil Spector
Titel: Phil And John 2, Phil And John 2
Album: Anthology (Disc 3)
Solist/Solistin: John Lennon
Solist/Solistin: Phil Spector
Länge: 00:36 min
Label: Capitol Records 830 6142

Komponist/Komponistin: Phillip Spector
Titel: To Know Him, Is To Love Him
Ausführende: The Teddy Bears
Länge: 02:18 min
Label: Dore 45-503

Komponist/Komponistin: Phil Spector
Komponist/Komponistin: Ellie Greenwich
Komponist/Komponistin: Jeff Barry
Titel: Da Doo Ron Ron (When He Walked Me Home)
Ausführende: The Crystals
Länge: 02:11 min
Label: Philles Records 112

Komponist/Komponistin: Phil Spector
Komponist/Komponistin: Ellie Greenwich
Komponist/Komponistin: Jeff Barry
Titel: Be My Baby
Ausführende: The Ronettes
Länge: 02:37 min
Label: Phillies Records 116

Komponist/Komponistin: Barry Mann
Komponist/Komponistin: Cynthia Weil
Komponist/Komponistin: Phil Spector
Titel: You've Lost That Lovin' Feelin'
Ausführende: The Righteous Brothers
Länge: 03:44 min
Label: Philles Records 124

Komponist/Komponistin: Phil Spector
Komponist/Komponistin: Ellie Greenwich
Komponist/Komponistin: Jeff Barry
Titel: River Deep, Mountain High
Ausführende: Ike & Tina Turner
Länge: 03:37 min
Label: Philles Records 131

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